Geschichte einer Zierde der Stadt

Die 1910 erbaute Synagoge in Wittlich will das Wittlicher Emil-Frank-Institut zu ihrem 100jährigen Bestehen mit einer Ausstellung und Begleitveranstaltungen nicht nur zum Jahrestag der Einweihung am 25. November 2010 würdigen.

 Detail des Synagogenfensters: Das Gebäude steht 2010 im Mittelpunkt vieler Veranstaltungen. TV-Foto: Archiv/Harald Jansen

Detail des Synagogenfensters: Das Gebäude steht 2010 im Mittelpunkt vieler Veranstaltungen. TV-Foto: Archiv/Harald Jansen

Wittlich. (sos) Wäre die Geschichte des Gebäudes in der Himmeroder Straße ein Lebenslauf, wäre es einer voller markanter Wendepunkte. Von der freudig erwarteten Geburt als Gotteshaus, dem schrecklichen Schicksal in der Nazizeit und der Zeit als Kriegsgefangenenlager. Dann folgt eine Art Verschwinden als efeuumwucherte Ruine bis hin zur ersten Wiederbelebung durch die Renovierung in den 70er Jahren. Dem folgt das heutige Dasein als Kultur- und Tagungsstätte mit ihrer ständigen Ausstellung zu jüdischem Leben in Wittlich.

Eine besondere Ausstellung, die die Synagoge selbst zum Schwerpunkt hat, plant das Emil-Frank-Institut für 2010. Darin soll die architekturgeschichtliche Bedeutung des Gebäudes neu beleuchtet und auch seine Verwobenheit mit der Geschichte der Stadt Wittlich und ihrer Bewohner dokumentiert werden. Institutsdirektor Professor Reinhold Bohlen, heute beruflich eng mit dem früheren Gotteshaus verbunden, erinnert sich: "Als ich Kind war, gab es zwar die Synagoge, aber sie war immer hinter einem mit Efeu umrankten Bretterzaun gleichsam da und doch nicht da. Sie war ein verschwiegenes Objekt. Das hat sich seit 1975 entscheidend geändert." Damit die Synagoge noch mehr erzählen kann, sucht das Emil-Frank-Institut für die Ausstellung noch Dokumente, Fotos, Gegenstände, die im Zusammenhang mit ihr stehen, und hofft dabei auf Unterstützung durch die Bevölkerung. Denn sie kann womöglich noch verschwiegenen Gebäudegeschichten wieder eine Stimme geben. So gilt die Zeit als Kriegsgefangenenlager noch als "blinder Fleck". Und immerhin "gehört" die Synagoge allen Wittlichern. In der Bilanz der Stadt ist sie mit 1,6 Millionen Euro gelistet. Sie ist damit die wertvollste Immobilie in städtischen Besitz. Laut Eckwertebeschluss sind in diesem Jahr 250 000 Euro für Sanierungsmaßnahmen zum Jubiläumsjahr geplant.

Der Geschäftsführer des Emil Frank Instituts, Rene Richtscheid, verspricht übrigens zum Jubiläum auch neue Erkenntnisse zur kunsthistorischen Einordnung, denn als bedeutendes Bauwerk war und ist die Synagoge mehr als eine Zierde der Stadt. Extra 100 Jahre Synagoge: Die Ausstellung in Kooperation mit der Stadt Wittlich - die Stiftung beteiligt sich finanziell - soll neben den im Innenraum der Synagoge gezeigten Dokumenten, Akten, Plänen, Fotos ergänzt werden durch interaktive, audiovisuelle Führer (Audioguides), die etwa Interviews mit Zeitzeugen beinhalten. Außerdem bietet das Emil-Frank-Institut auf verschiedene Altersgruppen zugeschnittene Führungen. Für Schulklassen gibt es ein unterrichtsbezogenes Begleitprogramm und einen Kunstwettbewerb. Es wird ein Synagogenführer erstellt, und es wird eine Festschrift zu einer Vortragsreihe geben, die Ende 2009 starten wird. Deren Auftaktveranstaltung wird sich der ersten jüdischen Ansiedlung in Wittlich widmen. Höhepunkt ist der Festakt am Jahrestag der Synagogen-Einweihung, 25. November 2010, mit einem Konzert dreier jüdischer Kantoren. Charlotte Knobloch, Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, hat ihre Teilnahme zu der Veranstaltung bereits zugesagt.

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