Geschichten vom Wittlicher Bahnhof

Seit wenigen Wochen ist im alten Wittlicher Bahnhofsgebäude neues Leben eingekehrt. Ein Bistro wurde eröffnet, und Radio Wittlich hat dort Räume. Aus dem Bahngeschehen früherer Jahre berichten Reiner Staudt und Bernd Schippel.

 Schauen sich alte Fotografien vom Bahnhof Wittlich an: Bernd Schippel, Hannah Murray und Reiner Staudt (von links). TV-Foto: Erich Gerten

Schauen sich alte Fotografien vom Bahnhof Wittlich an: Bernd Schippel, Hannah Murray und Reiner Staudt (von links). TV-Foto: Erich Gerten

Wittlich. "Et schallert noch"`, sagt Reiner Staudt, als er das neu eröffnete Bistro im alten Wittlicher Bahnhof betritt. Staudt war von 1957 bis 1989 als Bahnbeamter in Wittlich beschäftigt. Das mit dem "Schallern"` bezieht sich auf die typische Akustik von Bahnhofshallen.

Der Bistro-Wirtin Hannah Murray zeigt er jede Menge Fotos. "1957 habe ich hier angefangen. Das war der Fahrkartenschalter, nebendran war die Gepäckaufgabe." Damals musste jeder Bahnbenutzer seine Fahrkarte am Schalter kaufen und dann beim Durchgang zum Bahnsteig einem Bahnbediensteten vorzeigen. Einfach zu den Gleisen gehen, die zwischen dem Bahnhofsgebäude und dem heutigen Busbahnhof verliefen, links nach Daun durch die Oberstadt und rechts nach Wengerohr entlang des heutigen Maare-Mosel-Radwegs, war nicht möglich. Zum Betreten des Bahnsteiges brauchte man eine eigens gelöste Bahnsteigkarte oder die normale Fahrkarte. Aber nicht nur Personen wurden mit der Bahn befördert. "Zwischen dem Bahnhofsgebäude und der heutigen Südtangente war der Güterschuppen"`, weiß Bernd Schippel. Er hat in den 80er Jahren als Fahrer der Wengerohrer Spedition Follmann viele Güter am Wittlicher Bahnhof abgeholt und zu den Empfängern gefahren. "Es war was Besonderes, wenn in der Vorweihnachtszeit die Apfelsinen kamen", erzählt er. "Dann war Halligalli"`, ergänzt Reiner Staudt. Die Apfelsinen, Klementinen und Pampelmusen eines Großhändlers aus Bremen kamen in Holzkisten an. Bis zu 400 unbeschriftete Kisten mussten von den Bahnbediensteten von Hand aus den Waggons ausgeladen werden. Aufgrund der Lieferscheine wurden sie von den im Auftrag der Bahn fahrenden Rollfuhrunternehmern an etwa 50 bis 80 Privatleute in Wittlich und Umgebung gebracht, die meist als Sammelbesteller auftraten. Das Zustellen funktionierte reibungslos. Aber es gab auch Falschlieferungen. Schippel: "Ich musste einmal abends eine Kiste Apfelsinen in Minheim wieder aufladen und in Gladbach gegen eine Kiste Mandarinen umtauschen. Da war ich anderthalb Stunden unterwegs wegen einer einzigen Kiste." Unabhängig von den Fuhrunternehmern gab es für alle anfallenden Tätigkeiten bei der Passagier- und Güterabfertigung im Bahnhof Wittlich (ohne Wengerohr) um 1965 bis zu 40 Bahnbedienstete inklusive des Zugbegleitpersonals.

Dann kommt Wehmut auf, als Staudt ein Foto aus dem Jahre 1988 betrachtet: "Dass hier war die letzte planmäßige Fahrt mit dem Personenzug in die Eifel. Und jetzt ist alles vorbei."

Weitere Bahngeschichten werden demnächst vom TV veröffentlicht.

Haben auch Sie noch Erinnerungen an den Alten Bahnhof in Wittlich? Gerne veröffentlichen wir Ihre Geschichte im Rahmen der Serie zu Wittlichs ehemaliger Zuganbindung in der Stadt. Bitte mailen Sie maximal 70 Zeilen zu je 30 Anschlägen (entspricht in etwa zwei Drittel einer DIN-A-4-Seite) an: mosel@volksfreund.de. Vor- und Nachname sowie Wohnort bitte nicht vergessen.

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