Glaube im Alltag

Ein Kübel voller Eiswasser vor laufender Kamera über den eigenen Kopf geschüttet - das ist dieser Tage im Internet ein echter Hingucker, der Spaß macht und Kreise zieht. Und der für die Nervenkrankheit ALS sensibel macht und gleichzeitig Spendengelder in zweistelliger Millionenhöhe einbringt.

 Bruno Comes TV-Foto: Archiv

Bruno Comes TV-Foto: Archiv

Ein interessantes Phänomen! Drei Gedanken dazu: Erstens: Mir gefallen diese verrückte Idee und der Spendeneffekt. Gleichzeitig würde ich mir wünschen, dass auch andere karitative Organisationen auch ohne Super-Werbegag Aufmerksamkeit bekommen und Spenden erzielen. Ich denke dieser Tage zum Beispiel an die Hilfswerke, die sich der Menschen in den vielen Kriegsgebieten annehmen, die wegen ihrer Zugehörigkeit zu einem Volksstamm, einer Religion oder Weltanschauung gedemütigt, verfolgt, misshandelt, vertrieben oder gar getötet werden. Zweitens: "Kaltes Wasser über den Kopf gießen - das haben wir Christen doch schon lange!" so hörte ich in dem Zusammenhang eine Stimme und gab ihr recht: Ja, das kalte Wasser der Taufe lädt Menschen ein zur Gemeinschaft mit Gott und untereinander, zum Mitmachen und Helfen! Drittens: Ich denke an einen dörflichen Osterbrauch in Piemont/Italien: Wenn am Morgen des Ostersonntags die Glocken wieder läuten, laufen alle an den alten Dorfbrunnen und waschen sich die Augen mit dem kalten Brunnenwasser aus. Sie waschen sich: die "Ich will der Erste sein"-Augen aus. die "Geh mir aus dem Weg"-Augen aus. die "Mit dir will ich nichts zu tun haben"-Augen aus. die "Du bist mir zu blöd"-Augen aus. Sie waschen sich die kalten, listigen, neidischen und misstrauischen Blicke fort. Und das kalte Wasser, so sagt man vor Ort, schwemmt den Dreck des ganzen Jahres weg. Und dann sehen sie sich neu an mit gütigen, wohlmeinenden, verzeihenden Augen. Ein schöner Brauch! Ich wünsche uns allen im Alltag erfrischende Ideen, wache Augen und mitfühlende Sinne! Bruno Comes ist Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft Wittlich.

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