GLAUBE IM ALLTAG

Mit dem 1. April haben die Wittlicher Kulturtage begonnen, in denen die "Sprache" zum Thema gemacht und in den verschiedensten Künsten zum Ausdruck kommen wird. Pass auf, was Du sagst.

Sprache verrät Dich. Vor 80 Jahren wurde das zaghafte Pflänzchen der Demokratie in Deutschland ausgerissen und die menschenverachtende Ideologie der Nazidiktatur breitete sich aus bis hinein in die Sprache der Menschen. Alltägliche Worte verkamen zur Nazi-Propaganda, schieden Menschen von Menschen, konnten Menschen ins Gefängnis, ins KZ, in die Zwangsarbeit, in die Vernichtung bringen. Nach 12 Jahren waren Millionen von Menschen, die anders dachten und sprachen, in der Nazidiktatur vernichtet worden. Sprache baut Brücken. Sprache birgt Visionen. Der jüdische Sprachwissenschaftler Victor Klemperer hat als Zeitzeuge den Missbrauch der Sprache im Nationalsozialismus in einem Buch dokumentiert und analysiert. Nach 1945 haben Frauen und Männer als Dichter, Musiker und Bildende Künstler versucht, eine "wesentliche" Sprache zu finden, die von aller menschenverachtenden Ideologie und von falschem Pathos befreit sein sollte. Denn die Sprache war mit den Millionen Opfern vernichtet worden und musste mit dem Erinnern der vernichteten Menschenleben neu gefunden werden. Unvorstellbar, aber wirklich und wahr, dass Überlebende zur Versöhnung aufriefen und sich einer Sprache bedienten, die Brücken baut, die Hoffnung, eine Vision der Menschlichkeit birgt. Sprache befreit. Sprache ist ein hohes Gut, freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit, Religionsfreiheit sind Errungenschaften unserer Demokratie, die Menschen vor uns mit visionärer Kraft eingerichtet haben und die seit 68 Jahren in diesem Land gelebt wird. Mit dieser Sprache müssen wir täglich sorgfältig umgehen, damit sie Ausdruck der Achtung voreinander in diesem Land bleibt. Die Veranstaltungen der Wittlicher Kulturtage, die bis zum 1. Mai stattfinden, mögen dazu anregen. Christiane Friedrich ist Pastoralreferentin für Erwachsenenbildung im Dekanat Wittlich.

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