Glaube im Alltag

"Ich war fremd, .

.." - die Texte, die während der Mahnwache zum Pogrom-Gedenken am 9. November auf dem Marktplatz in Wittlich vorgetragen wurden, konnten aktueller nicht sein. Es ging um die Frage nach dem "Fremden". Wer oder was machte damals den Nachbarn, den Arbeitskollegen, den Freund zum Fremden? Wer war das "Wir", das den anderen zum Ausgestoßenen, zu einem Minderwertigen herabsetzte? Die Fragestellung hat sich kaum verändert. Auch heute machen wir andere zu Fremden. Auch heute macht uns das Andere, der Andere Angst. Die große Zahl an Flüchtlingen, die kulturellen und religiösen Unterschiede, der Wunsch nach Stabilität und Sicherheit, die Sorge um unsere Wertegemeinschaft begünstigen diese Angst. Bei genauem Hinschauen sehen wir, dass schon immer Fremde zu uns kamen und in unserem Land sichere Aufnahme fanden. Nicht erst seit diesem Herbst ist unser Land im besten Sinne "multikulti". Das bisher eher unaufgeregte Neben- und Miteinander der verschiedenen Kulturen und Religionen hat an Brisanz gewonnen. Der Fokus geht inzwischen mehr auf die Gefahren als auf unsere Ressourcen, das Engagement so vieler, auf Mitmenschlichkeit und Mitgefühl. Viele empfinden das Fremde als so bedrohlich und beängstigend, dass sie mit radikaler Abwehr und Hass reagieren. Ich weiß nicht, wie man konkret-operativ gute Lösungen für die Flüchtlingssituation finden kann. Aber ich weiß, dass Hass und Angst keine Lösungen sind. Sie zerstören den Hassenden selbst, führen zu Erstarrung und Tod. Ich denke es hilft, wenn man sich dem Fremden nähert, sich eine eigene Meinung bildet und der Verführung zu simplen Lösungen widersteht. Elie Wiesel schreibt: "Von mir hängt es ab, ob sich ein Mensch zu Hause fühlt oder nicht, ob er gelassen oder verängstigt in unsere Welt blicken kann. Der Fremde hat Anspruch auf mich. Ich verkörpere seine Hoffnung." Ein hoffnungsvolles Zugehen auf Weihnachten und einen gesegneten Advent. Monika Bauer-Stutz, Pfarreiengemeinschaft Bernkastel-Kues

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort