GLAUBE IM ALLTAG

Vor einiger Zeit in einer Fernsehserie sah ich folgende Szene: An einem Imbiss drängelt sich ein fein gekleideter Mitdreißiger an der Schlange aller Wartenden vorbei und will seine Bestellung aufgeben. Die Verkäuferin: "Bitte stellen Sie sich hinten an!" Er: "Hören Sie - wissen Sie nicht, wer ich bin?" Darauf die Verkäuferin, an die Wartenden gewandt: "Entschuldigen Sie, können Sie uns helfen? Der Herr weiß nicht mehr, wer er ist!" Mit hochrotem Kopf tritt der nun gar nicht mehr so Selbstbewusste seinen Rückzug an.

Ich musste lachen - die Schlagfertigkeit der Verkäuferin gefiel mir. Doch die Szene hat mich nachdenklich gemacht. Wie soll man sich selbst sehen? Welches Verhalten ist für uns als Christen angemessen? Erlaubt es ein erreichter Bildungsgrad, ein Titel, sich selbst als etwas Besonderes zu sehen? Habe ich dann besondere Rechte Anderen gegenüber? Ich finde: Nein! Sicher - wir brauchen nicht im Büßergewand und unterwürfig durchs Leben zu wandeln. Ein gesundes Selbstvertrauen hilft jedem Menschen, ein gelungenes Leben zu führen. Aber gerade als Christen haben wir vor 2000 Jahren und heute aktuell beispielgebende Persönlichkeiten vor Augen, die uns Wegweiser sein können: Jesus und Papst Franziskus. Das Symbol des Füße-Waschens bei Anderen, das sich Zuwenden zu den Aussätzigen und den Sündern damals, das unerschrockene Einsetzen für die Armen und Entrechteten, das Anprangern von Missständen in der eigenen Kirche, der Verzicht auf Statussymbole und die von Herzen kommende Bescheidenheit des Kirchenoberhauptes von heute sind für mich leuchtende Zeichen, wie wir unseren Glauben überzeugend im Alltag leben können. Heißt es "Schaut mal, was ich habe und was ich bin" oder "Was ihr dem Geringsten meiner Brüder tut, das habt ihr mir getan!" Folgen wir letzterem Leitsatz doch mit Selbstbewusstsein! So brauchen wir nie zu fürchten, mit hochrotem Kopf einen Imbiss verlassen zu müssen ... Rainer Martini, Caritasverband Eifel-Mosel-Hunsrück

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