Glaube im Alltag

Jeder von uns braucht regelmäßig Entspannung und Erholung. Damit uns das aber gelingt, gehört einiges dazu.

Was immer dazukommen muss, einer hat es so gesagt: "Schalte einmal völlig ab. Komm zu dir selbst." Zu sich selbst kommen, sich also zurückholen aus den vielen Außenbezirken in die Personmitte, das ist es. Nicht im Sinne einer Flucht vor der Wirklichkeit und dem Alltäglichen, sondern der Erfahrung, dass diese Wirklichkeit größer ist als die paar Quadratmeter meines Schreibtisches oder meines Arbeitsplatzes. Unsere Gedanken sind oft auf einen ganz engen Ausschnitt der Wirklichkeit fixiert. Dadurch wird vieles andere übersehen. Wenn ich zu mir selbst komme, gewinne ich Abstand zu meinem Alltag, und das bedeutet Freiheit. Das löst Verkrampfungen und macht mich dann schließlich sogar fähiger für die Anforderungen des Berufs. Wie aber komme ich zu mir selbst? Entscheidend ist, dass ich zunächst einmal leer werde von aller Hetze und Planung. Erst wenn meine Aktivität zurücktritt, wenn ich nicht ständig etwas vorhabe, sondern einfach absichtslos nur da bin, fast absichtslos die Ereignisse auf mich zukommen lasse, erst dann beginnen die Dinge um mich herum aktiv zu werden und zu mir zu sprechen: das Wasser, der Baum, der Berg, die Menschen. Wenn ich zu mir selbst komme, dann kommen die besinnlichen Kräfte in mir zur Geltung. Und sie sind genauso wichtig wie das Atmen, das Denken, das Essen, sie sind lebensnotwendig. Wenn wir körperlich und geistig zur Ruhe kommen und zu uns selbst finden, dann kann es gelingen, die Dinge um uns herum mit anderen Augen zu sehen, durch sie hindurchzuschauen. Alles was wir sehen, kann uns ansprechen. Texte, die wir lesen, werden uns etwas sagen, Worte der Bibel, die uns nie etwas bedeutet haben, sind auf einmal voller Anregungen. Mancher wird nach langer Zeit wieder einmal beten können. Abschalten, Erholung, zu sich selbst kommen, um nachher umso besser funktionieren zu können? Um wieder mehr Stress verkraften zu können? Nein, um wieder wesentlicher Mensch zu werden. Rudolf Halffmann, Pfarrer i.R., Bernkastel-Kues

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