Glaube im Alltag

"Der Herr segne dich und behüte dich." Dieser Wunsch aus dem Buch Numeri, aus dem "Aaronitischen Segen", erinnert mich an ein Gespräch mit einer Frau, die mit mir über das Beten sprach: "Mit meinem Beten am Morgen oder am Abend ist es fast nichts mehr", sagte sie, "es besteht eigentlich nur aus einem einzigen Wort.

Ich sage einfach zu Gott: ,Segne!\' Und dann kommen Namen von Menschen, mit denen ich zusammenlebe." Ob dies nicht ein gutes Gebet ist? Ein Gebet, das es wert ist, uns durch die sieben Tage der Woche, die vier Wochen eines Monats und die zwölf Monate des Jahres zu begleiten? "Herr, segne!" - Diese Bitte, sie schaut von sich selber weg auf die hin, die meine Nächsten sind. Zugleich ist sie ein Wort des Vertrauens auf Gott hin, ein Glaubensbekenntnis: "Gott, ich glaube, dass du da bist. Ich glaube, dass du ein Antlitz hast. Schau diesen Menschen da an, wende dich ihm zu. Lege deine Hand auf ihn." Vielleicht hat mancher es aufgegeben, am Morgen oder am Abend ein Gebet zu sprechen. Man mag die alten, früher einmal gelernten Gebete nicht mehr. Vielleicht ist es zu mühsam, nach neuen Gebetsworten zu suchen. Und dann - man hat so wenig Zeit am Morgen, oder man ist so müde und abgespannt am Abend. Ob dies eine Wort nicht eine Möglichkeit wäre? Man braucht fast keine Zeit dazu, nur ein wenig Herz - zum Lieben braucht man keine Zeit. Wir sagen zu Gott: "Herr, segne ...", und wir nennen die Namen der Menschen, die uns nahe sind, denen wir verbunden sind. Vielleicht bringen wir sogar die Kraft auf, auch den Namen des Menschen zu nennen, mit dem wir uns zerstritten haben, der uns lästig und unsympathisch ist. "Herr, segne ...", und ich nenne den Namen des Menschen, dem ich etwas schulde, dem ich zur Last geworden bin, den ich an die Seite geschoben habe. Zuletzt darf ich an diese kleine Litanei auch getrost mich selber setzen: "Herr, segne mich heute!" Wenn dieses Gebet im vor uns liegenden Jahr unser täglicher Begleiter wird, ich bin sicher, egal wie es aussehen wird, es wird eine gute Zeit werden, eine gesegnete Zeit. Rudolf Halffmann ist Pfarrer i. R. aus Bernkastel-Kues.

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