GLAUBE IM ALLTAG

Die drei göttlichen Tugenden Glaube, Hoffnung, Liebe werden in der Heiligen Schrift ergänzt durch die vier Kardinaltugenden: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Diese vier dürfen als Richtschnur angesehen werden, wie ein Leben aussehen kann, das Gott gefällt, und dem Miteinander der Menschen dient.

Diese vier Kardinaltugenden werden nur an einer Stelle im Alten Testament gemeinsam erwähnt. Und zwar im Buch der Weisheit. Dort steht: "Wenn jemand Gerechtigkeit liebt - in ihren Mühen findet er die Tugenden. Denn sie lehrt Maß und Klugheit, Gerechtigkeit und Tapferkeit, die Tugenden, die im Leben der Menschen nützlicher sind als alles andere." Was aber genau ist mit Gerechtigkeit gemeint? Ein erster allgemeingültiger Ansatzpunkt ist im Grundgesetz nachzulesen. Gleich im Paragrafen 1 heißt es unmissverständlich: "Die Würde des Menschen ist unantastbar!" Die Väter des Grundgesetzes haben damit eine Lehre aus der unheilvollen deutschen Geschichte des Nationalsozialismus gelernt und festgeschrieben, dass die Unverletzlichkeit des Menschen an Körper, Geist und Seele vor allem anderen gewährleistet werden muss. Nur wenn Menschen sich dieses gesetzlich verankerten Gebotes zu jeder Zeit und an jedem Ort in unserem Land sicher sein können, kann eine menschenwürdige Politik Gestalt gewinnen. So weit die politische Grundlegung des Begriffs der Gerechtigkeit. Es gibt aber noch die göttliche Gerechtigkeit, die weit tiefer greift und den Menschen in seiner geschöpflichen Ganzheit umgreift. Für Christen eine Gnade, ein Gottesgeschenk also, das weder verdient noch durch Leistungen erworben werden kann. Göttliche Gerechtigkeit ist zugesagt. Sie beinhaltet das Gehaltensein im Leben und auch im Tod von einem, der auch die himmelschreienden Ungerechtigkeiten auf der Welt übersteigt. Eine Gerechtigkeit, die sich auf Liebe gründet, die der Mensch erwidern kann durch den Glauben an den einen und dreifaltigen Gott. Diese Gerechtigkeit lässt atmen und hoffen. Sie ist eine Grunddimension christlicher Existenz. Dr. Harald Müller-Baußmann ist Diakon bei den Vereinigten Hospitien in Trier.

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