Glückwunsch Säubrennerbrunnen!

Wittlich · Wer ist seit 50 Jahren immer in der Stadt und fast alterslos? Der Säubrennerbunnen auf dem Pariser Platz. Er hat sicher viel erlebt.

Glückwunsch Säubrennerbrunnen!
Foto: Sonja Sünnen

"Mein Nachbar wird 50? Wer soll das denn sein?" Einen Moment ist Ulrike Möhn ratlos. Dabei blickt die bekannte Wittlicherin aus ihrem Wohnungsfenster jeden Tag auf den Jubilar, den Säubrennerbrunnen.

Dem bronzenen Jungen und dem Mädchen, die ganz oben auf der hohen Steinsäule über der Brunnenschale auf Schweinchen reiten, ist sie vis-à-vis ganz nah. "Ach ja der Brunnen. Der ist schon 50? Mit dem war ich ja von Anfang an froh";, sagt Ulrike Möhn und erinnert sofort an die kuriose Wittlicher Brunnenodyssee.

Denn 1996 wollten die Stadtpolitiker den Riesen verschieben wie ein Möbelstück, angeblich, weil er von Besuchern eines Schnellimbisses als Mülleimer missbraucht wurde, wie die damalige Stadtplanerin Simone Kaes-Torchiani argumentierte.

Zunächst sollte sogar nur die Säule mit der Bronze ans andere Ende des Platzes in die Ecke Richtung Platz an der Lieser verschoben werden. Diese unschöne Teilung blieb dem Wittlicher Wahrzeichen dann aber erspart. Überhaupt, ein Brunnen ohne die große Schüssel, in die, wenn mal alles funktioniert, vier Wasserströme hinabplätschern und aus 100 Düsen im Rand das Wasser zur Mitte aufsteigt?

An diese ganze Brunnen-wechsel-dich-Aktion kann sich Ulrike Möhn natürlich erinnern und fasst zusammen: " Ja das war ja so. Der kam dann mal weg. Und dann kam er aber ja wieder zurück!" Sie lacht. Stimmt. Denn wiederum unterstützt von der Lokalpolitik wurde die von Silvio dell` Antonio geschaffene Arbeit 2005 wieder nahe zur Kirchstraße gerückt. Daran kann sich Ulrike Möhn auch erinnern: "An dem Tag haben der Sebastian Langner und die Frau dell Antonio das Ganze überwacht. Das hat meine Mama beobachtet und vor Freude geweint."

Und da gibt es das Bild, als ihre Tochter, "dat Corinnschie", als Mädchen mit Kränzchen im Haar an Fronleichnam auf dem Brunnenrand steht. Wie viele Fotos von Menschen am Brunnen es wohl gibt? Schön war es auf jeden Fall oft am Brunnen, auch wenn man mit mehreren versucht hat, möglichst viele Düsenlöcher zu blockieren, wodurch sich der Druck erhöhte und die Restfontänen höher spritzen, gerne um andere nass zu machen.

Der Brunnen war auch Wittlichs erster Verkehrskreisel, damals war der Pariser Platz noch nicht gesperrt. "Ja, da sind damals die Jungen immer nachts mit dem Moped um den Brunnen rum bis zum geht nicht mehr! Wie die Hornissen! Und an Hexennacht, da kam da Waschpulver rein und alles war voll Schaum!" Kaum zu glauben, dass das alles schon so lange her ist!

Doch es ist ins Stadtwappen in der Säule in den Stein geschlagen: "1967". Der 2005 91-jährig verstorbene Silvio dell` Antonio kann den Geburtstag nicht mehr mitfeiern. Sebastian Langner, Steinmetz und Bildhauer, weiß, was das für eine Arbeit war den Koloss, zu schaffen: "Die Schale ist aus Hohenfelser Basaltlava aus der Gegend um Gerolstein." Der Stein halte Wasser, werde nicht schnell grün, sei aber "eklig hart. Der frisst Hartmetall. Ich bedaure dell` Antonio, was der hat klopfen müssen!" Langner geht davon aus, dass die Basaltlava aus einem großen Block am Stück in Schalengröße vor Ort geschlagen wurde.

Ob er was über die stilisierten Trauben und die Getreideähren auf der Säule weiß? "Bietet sich an. Wittlich hat ja beides. Brot und Wein. Fehlt eigentlich nur noch die Kartoffel." Was nicht fehlt, sind die Schweinchen, alias Wudzja, immerhin nennt sich das ganze Säubrennerbrunnen. Bleibt die Frage: Wie viele Wudzja sind es? Ein genauer Blick auf die Details lohnt sich.

Immerhin kann man gleichzeitig zum Fünfzigjährigen gratulieren. Vielleicht mit einer Münze? Neuerdings scheint mancher durch diese symbolische Geste ein kleines Glück zu erbitten. Geworfen werden sie seit Jahrhunderten um Quell- und Wassergeister günstig zu stimmen. In Rom soll man es auch bis heute tun nach dem Motto "Rom sehen und wiederkehren."

Wie viele Wudzja sind es und welche Geschichte haben Sie zum Brunnen zu erzählen? " Mailen Sie uns an mosel@volksfreund.de

Extra: "Säubrenner und die magische Zahl 50" Dadurch, dass der Brunnen 50 Jahre wird und das in Kombination mit dem Begriff Säubrenner (immerhin hießt er Säubrennerbrunnen), wird er für die Wittlicher besonders interessant. Denn wohl nur in der Kreisstadt gibt es eine 50-Jährigen-Tradition in Verbindung mit der Säubrennerkirmes im August, die ihresgleichen sucht. Man trifft sich, egal, wo man mittlerweile lebt wieder, und feiert bei einem ausgetüftelten Programm vier Tage gemeinsam. Legendär! Vielleicht animiert der Säubrennerbrunnengeburtstag also zu einer Erweiterung der Rituale für die aktuellen Fünfzigjährigen an der Säubrennerkirmes? Der aktuelle Jahrgang könnte zum Brunnengeburtstag somit eine neue "Traditiuun" begründen. Stadtschreiber Detlef Boor könnte dann im "Brudekoll vun där Kiarmes" wieder schreiben: "Viel Naies ged et von där Kiarmes dies Joahr z`vazehlen - daat äss good fia d`n Schdaadschraiwa unn sain Brudekoll." Das könnte er übrigens allein dadurch verkünden, sollte es möglich sein, im Geburtstagsjahr die Düsen wieder Wasser speien zu lassen. In Wittlich sind Schweinchen auch Wasserspeier. "Ai wat dann sus", sagen die Säubrenner, nach denen der Brunnen am Pariser Platz benannt ist.

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