Gott nicht aus den Augen verlieren

Nach so viel schlechten Nachrichten über die Kirche lohnt es, noch einmal die provokative Frage von Peter Seewald an Papst Benedikt XVI. ("Licht der Welt", Freiburg 2010) in eine größere Öffentlichkeit zu stellen: "Nüchtern betrachtet ist die katholische Kirche die größte Organisation der Welt, mit einem gut funktionierenden, zentral organisierten Netz über den ganzen Globus.

Sie hat 1,2 Milliarden Mitglieder, sie hat über 4000 Bischöfe, 400 000 Priester, Millionen Ordensleute. Sie hat Tausende von Universitäten, Klöstern, Schulen, Sozialeinrichtungen. Sie ist in Ländern wie Deutschland nach dem Staat der größte Arbeitgeber. Sie ist nicht nur eine Premium-Marke mit unverbrüchlichen Richtlinien, sondern hat eine eigene Identität - mit eigenem Kult, mit eigener Ethik, mit dem Heiligsten vom Heiligen, der Eucharistie. Und überhaupt: Sie ist von "ganz oben" legitimiert und kann von sich behaupten: Wir sind das Original; und wir sind die Hüter des Schatzes. Mehr geht eigentlich nicht.

Ist es nicht seltsam oder nicht auch ein Skandal, dass diese Kirche nicht weit mehr aus diesem unvergleichlichen Potenzial macht?"

Der Papst: "Gott nicht aus den Augen verlieren. Ja, dass sie diesen Schatz erkenne und dass sie dann selber, aus der Kraft des eigenen Glaubens in die Auseinandersetzung mit dem Säkularismus treten und die Scheidung der Geister zu vollziehen vermöge."

Bruno Fromme ist Abt im Kloster Himmerod

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