Graacher Wein auf Schicksalsfahrt

Graach · Als der Dampfer RMS Titanic vor 102 Jahren zu seiner Jungfernfahrt ablegte, befand sich ein kompletter Riesling-Jahrgang der Graacher Weinlage Josephshöfer an Bord. Im April 1912 kollidierte das seinerzeit größte Schiff der Welt mit einem Eisberg und sank im Nordatlantik. Es starben mehr als 1500 der 2224 Passagiere.

Graach. Als der seinerzeit weltgrößte Ozeandampfer RMS Titanic im Jahr 1912 seine Jungfernfahrt antrat, sollte das neueste Schiff der britischen Reederei White Star Line Maßstäbe in Sachen Sicherheit und Reisekomfort setzen. Zu diesem Komfort gehörten feine Speisen und Getränke im Bord-Restaurant der ersten Klasse. Dort wurden neben italienischen und französischen Weinen sowie Champagner auch Sekte und Weine deutscher Herkunft serviert. So befand sich ein kompletter Riesling-Jahrgang der Graacher Weinlage Josephshöfer des Weinguts Reichsgraf von Kesselstatt sowie Wein des Traben-Trarbacher Weinguts Langguth an Bord. Bereits im Jahre 1910 beinhaltete die Weinkarte für First-Class-Passagiere auf Transatlantikfahrten der White Star Line die Moselweine "Moselle - Sparkling" - Nonpareil (= "Unerreicht") für 1,50 Dollar pro Flasche und "Moselle - Still" - Josephshöfer für 1,00 Dollar pro Flasche.
Die RMS Titanic kollidierte gegen 23.40 Uhr etwa 300 Seemeilen südöstlich von Neufundland mit einem Eisberg. Dabei wurde der Rumpf des Schiffes so stark beschädigt, dass mehrere Abteilungen des Dampfers mit Wasser geflutet wurden. Dass zunächst als unsinkbar bezeichnete Schiff sank innerhalb von zwei Stunden und 40 Minuten im Nordatlantik. Aufgrund des späten Eintreffens der Hilfskräfte und einer zu geringen Anzahl an Rettungsbooten fanden mehr als 1500 der 2224 Passagiere den Tod, darunter auch Kapitän Edward John Smith.
Am 1. September 1985 wurde das Wrack vom Ozeanographen Robert Ballard entdeckt und bei zahlreichen Expeditionen mit U-Booten untersucht. Dabei fand man unter anderem hunderte Wein- und Sektflaschen, die über das Wrack und den Ozeanboden verteilt waren. Einige Exemplare wurden gehoben. Große Reedereien wie NDL (Norddeutscher Lloyd-Bremen) führten am Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Speisekarten ihrer Hochsee-Schiffe ebenfalls zahlreiche Moselweine bekannter Lagen.
So befanden sich beispielsweise auf einer einzelnen Weinkarte des NDL-Dampfers "Karlsruhe" im Jahr 1929 folgende Weine: 1924er "Josephshöfer", 1926er "Zeltinger Schwarzlay", 1926er "Graacher Himmelreich", 1925er "Bernkasteler", 1925er "Uerziger Würzgarten" sowie 1926er "Lieserer Niederberg". Das Traben-Trarbacher Weingut Langguth belieferte die britische Reederei White Star Line (ab 1934 Cunard-White Star Ltd.) bis ins Jahr 1951 mit Moselweinen, wie dem "Piesporter Goldtröpfchen" oder "Trabener Würzgarten".
Extra

RMS Titanic: Die RMS Titanic wurde am 31. März 1909 von der Werft Harland & Wolff in Belfast als zweites Schiff der sogenannten Olympic-Klasse auf Kiel gelegt. Bei ihrer Indienststellung am 2. April 1912 war sie mit einer Länge von 269 Metern neben der RMS Olympic der größte Ozeandampfer der Welt. Das Schiff war für den Liniendienst auf der Route Southampton - Cherbourg - Queenstown - New York, beziehungsweise New York - Plymouth - Cherbourg - Southampton vorgesehen. Die baugleiche RMS Olympic war über 20 Jahre lang für die White Star Line auf diesen Routen im Einsatz. Josephshof und Josephshöfer: Die vier Hektar große Weinlage Josephshöfer ist eng mit dem ursprünglich als Martinshof bezeichneten Graacher Josephshof verbunden. Seit 975 gehörte dieser zur Trierer Benediktiner-Abtei St. Martin, die ab 1174 hier ein Weingut betrieb. 1810 ersteigerte Matthias Joseph Hayn aus Trier den Hof für 28 376 Francs und benannte das Weingut in Josephshof um. Hayns Schwiegersohn Mohr verkaufte das Anwesen 1858 für 58 000 Taler an den Grafen von Kesselstatt. Die Gebäude des Josephshofs gründen auf einer römischen Anlage, deren Keltereinrichtung bei Umbauten in den Jahren 1995 und 1996 gefunden wurde. Diese wurde vom Archäologen Karl Josef Gilles als "aufwendigste aller bisher bekannten Kelteranlagen des Moseltals" eingestuft. Heute dient der Hof als Behindertenwohnheim des DRK. phi

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