Dorfleben Vom Stall zum Tante-Emma-Laden: Warum eine Bürokauffrau in der Pandemie einen Geschäft eröffnet und wie es läuft

Morbach-Hundheim · Viele Einzelhändler haben derzeit damit zu kämpfen, ihren Laden halbwegs unbeschadet durch die Corona-Krise zu manövrieren. Doch es gibt auch Unternehmer, die just in diesen Zeiten ein Geschäft eröffnen. Zum Beispiel Grit Störzel in Hundheim in der Einheitsgemeinde Morbach.

 Weil sie im Laden von Grit Störzel (links) einkaufen können, brauchen sie nicht mehr für Kleinigkeiten extra nach Morbach fahren: Sabine Kunz (Mitte) und Nicole Weyand.

Weil sie im Laden von Grit Störzel (links) einkaufen können, brauchen sie nicht mehr für Kleinigkeiten extra nach Morbach fahren: Sabine Kunz (Mitte) und Nicole Weyand.

Foto: Ilse Rosenschild

Hundheim ist nicht unbedingt ideal für ein Einzelhandelsgeschäft, 660 Einwohner, eine Kirche, eine Dorfkneipe, ein Bauernhof? Und viel Landschaft. Nur etwa fünf  Kilometer von Morbach mit Supermärkten und Discountern entfernt. Und auch die Lage im Talweg 3 – abseits vom Dorfmittelpunkt – ist für ein Lebensmittelgeschäft nicht  die beste. Warum entscheidet sich jemand dafür, an dieser Stelle einen Laden zu eröffnen? Und dazu noch zu Beginn der Corona-Pandemie?

„Wegen unserer Feriengäste“, sagt Grit Störzel, die „Störzel’s Laden“ genau vor einem Jahr eröffnet hat. Ihre Urlaubsgäste hätten sie und ihren Mann Frank Störzel-Schmitz, die auch zwei Ferienwohnungen in unmittelbarer Nähe ihres Wohnhauses vermieten, auf die Idee gebracht. Immer wieder hätten frisch angereiste Gäste gefragt, wo das nächste Kiosk sei, da sie sich mit den notwendigsten Dingen eindecken wollten. Doch der gebürtigen Sächsin blieb nichts anderes übrig, als die Urlauber auf die Supermärkte am Morbacher Dreieck zu verweisen.

Für die gelernte Köchin und Bürokauffrau  war das keine befriedigende Lösung, zumal das Paar nach eigener Aussage sehr umweltbewusst ist, mit Pellets heizt und mit Regenwasser Wäsche wäscht. Die Störzels entschlossen sich, ihre Feriengäste selbst zu versorgen. Und einen Raum hatte sie auch schon im Blick: den 35 Quadrameter großen ehemaligen Stall.

Er wurde ausgebaut und mit Strom und Wasser versehen. Die fehlende Einrichtung wurde von einem leerstehenden Geschäft  in Traben-Trarbach beschafft und sorgt nun auch für das Flair eines Tante-Emma-Ladens. Vermittelt hatte dies eine treue Kundin, Sabine Kunz aus Hundheim: „Der Laden hatte meiner Oma gehört.“

Von März vergangenen Jahres an gab es in „Störzel’s Laden“ Süßigkeiten, Tabak, Eis, Geschirrspülmittel,  Brötchen auf Bestellung und was Urlauber sonst so brauchen. Sehr dankbar seien die Motorradfahrer gewesen, die ansonsten Probleme gehabt hätten, einen Kasten Bier in die Ferienwohnung zu transportieren.

Doch auch die Hundheimer entdeckten die Annehmlichkeiten eines Ladens im Ort und nutzten die Möglichkeit, wegen der fehlenden Milch oder der vergessenen Butter nicht gleich nach Morbach fahren zu müssen. Rasch wuchsen das Sortiment und der Platzbedarf. Inzwischen gibt es einen Anbau, so dass die Störzels inzwischen auf knapp 50 Quadratmetern ihre Waren anbieten.

Die Palette ist breit: Ob Sauerkraut, Würfelzucker, über Tiefkühlpizza bis zu Schoko-Osterhasen und Zeitschriften reicht das Warenangebot. Auch auf Schnitzel und Grillwürstchen müssen die Kunden nicht verzichten. 

Das abgepackte Fleisch – sogar Wild–  bezieht sie bei André Eiserloh, Nah und frisch in Longkamp. Dort hat sie 16 Jahre lang als Fleischereifachverkäuferin gearbeitet. Das i-Tüpfelchen ist der DPD-Paketshop im Laden. Auf den knapp 50 Quadratmetern hat  im Übrigen auch  eine kleine Tratschecke Platz. Denn der Laden im Ort dient auch als Treffpunkt für so manche Kunden.

 „Damit einem nicht die Decke auf den Kopf fällt“, sagt Sabine Kunz.   Nicole Weyand ist zwischen „einmal die Woche bis zweimal täglich“ im Hundheimer Lädchen  und kauft dort  Zeitschriften oder frisches Gemüse.

Aber warum funktioniert das Geschäft auf dem Dorf, während viele andere zumachen? „Reich wird man davon nicht“, sagt die Inhaberin. „Das ist doch keine Arbeit“, ergänzt sie augenzwinkernd. Sie müssten für den Laden keine Miete zahlen. Und Ehemann Frank bringe als Fachkraft für Arbeitssicherheit auch Geld mit nach Hause. Rund 15 Kunden hätte sie am Tag, sonntags sind es meist mehr. Denn schließlich sei das Geschäft auch als Kiosk genehmigt, die sonntags öffnen dürften.

 Weil sie im Laden von Grit Störzel (links) einkaufen können, brauchen sie nicht mehr für Kleinigkeiten extra nach Morbach fahren: Sabine Kunz (Mitte) und Nicole Weyand.

Weil sie im Laden von Grit Störzel (links) einkaufen können, brauchen sie nicht mehr für Kleinigkeiten extra nach Morbach fahren: Sabine Kunz (Mitte) und Nicole Weyand.

Foto: Ilse Rosenschild
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Foto: TV/Schramm, Johannes

So mancher Wanderer, der von der Burgruine Baldenau unterwegs sei, habe den Laden zufällig entdeckt. Vor allem die Kinder seien froh, wenn es auf einer längeren Wanderung mal eine Limo gebe. Damit man „Störzel’s Laden“ auch absichtlich finde, wäre die gelernte Köchin, Bürokauf- und Hotelfachfrau  froh, wenn sie Hinweisschilder zum Beispiel an der Baldenau aufstellen könnte. Doch das gehe laut Ordnungsamt nur betriebsnah.

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