Große Passagierschiffe erobern die Mosel

Trier/Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach/Piesport · Kreuzfahrten auf deutschen Flüssen sind beliebt. Die Nachfrage ist so groß, dass Reedereien nach neuen Ankerplätzen suchen - auch an Mosel und Saar. Trier plant den Bau eines Terminals für Kabinenschiffe, in Traben-Trarbach entsteht ein großer Anleger. An der Mittelmosel ärgern sich viele Leute aber auch über den von den Schiffen ausgehenden Lärm.

Trier/Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach/Piesport. Das Schreiben kam von FleetPro aus Basel. Der international tätige Schiffsdienstleister fragte höflich bei der Moselgemeinde Trittenheim an, ob Interesse am Bau eines Anlegeplatzes für größere Flusskreuzfahrtschiffe bestehe. Man würde gerne in Trittenheim Station machen - bevorzugt bei Weinfesten. FleetPro organisiert im Auftrag von Reedereien Touren, so auch von Antwerpen bis Basel mit Abstecher über die Mosel bis nach Trier.
Wie in vielen anderen Moselgemeinden auch, legen in Trittenheim meist nur kleinere Rundfahrt-Schiffe an, nicht aber die bis zu 135 Meter langen Kabinen-Liner. In Richtung Neumagen-Dhron, hinter dem Anleger der Firma Kolb, sei noch Platz für eine große Landungsbrücke, sagt Trittenheims Beigeordnete Gisela Bollig. Die Frage sei nur, ob sich die Investition lohne.
Was bleibt für Winzer und Gastronomie hängen, wenn die Reisenden tatsächlich mal ihr All-Inclusive-Reich verlassen und von Bord gehen? Die Meinungen gehen auseinander. Flusskreuzfahrten liegen aber im Trend, der Markt wächst. Nach Auskunft der Mosellandtouristik sind die Kreuzfahrten ein wichtiger Bestandteil des touristischen Angebots an Mosel und Saar (siehe Extra).Ohrstöpsel für Hotelgäste


Doch die Flusskreuzer haben auch ihre Schattenseiten: Müll und Lärm. In Bernkastel-Kues und Piesport beschweren sich Anwohner regelmäßig über das Brummen der Stromgeneratoren und Klimaanlagen auf den Schiffen. In Bernkastel-Kues sind deshalb auch schon Gäste abgereist. Hoteliers statten ihre Kunden mir Ohrstöpseln aus.
Die Kosten für Stromanschlüsse für sieben in Frage kommende Anleger: etwa 700 000 Euro. In Bernkastel-Kues gehen oft gleich mehrere Schiffe an beiden Ufern vor Anker. Insgesamt dürften es mehrere Hundert pro Jahr sein.
120 Hotelschiffe legen pro Jahr in Traben-Trarbach an. Es könnten und sollen noch mehr werden. Deshalb hat der Stadtrat Ende vergangenen Jahres entschieden, quasi die Seiten zu wechseln - vom Trabener ans Trarbacher Moselufer. Der neue Anleger (mit Stromanschluss), an dem auch bis zu 135 Meter lange Schiffe festmachen können, soll in der Nähe des Buddhamuseums gebaut werden. Geschätzte Kosten: mindestens 400 000 Euro. Die Reedereien wollen sich beteiligen. Ein Standort am Trabener Ufer in der Nähe der Brücke scheiterte unter anderem, weil sich 300 Bürger dagegen aussprachen (der TV berichtete).
Erfahrungen mit einem neuen Großanleger hat Riol gesammelt. Reedereien aus Ungarn, der Schweiz, den USA und Deutschland gehen dort für ein oder zwei Tage vor Anker, meist am Wochenende. Nach Auskunft von Ortsbürgermeisterin Christel Egner-Duppich haben weitere Gesellschaften Interesse angemeldet. Die Gemeinde betreibt selbst keine Vermarktung, will aber, dass "mehr im Dorf hängenbleibt".
Bisher verirren sich Reisegruppen nur selten in den Ort oder zum Triolago. Die Passagiere der Hotelschiffe gingen meist nur von Bord, um mit Bussen zur Stadtbesichtigung nach Trier zu fahren.
Die Schätze der Römerstadt haben viele Reiseanbieter in ihrem Programm für Pauschalreisen. "1Avista" etwa preist seinen Kunden, darunter viele US-Amerikaner, Porta Nigra, Konstantinbasilika und Kaiserthermen als Höhepunkte seiner sechstägigen Flussreise an. Die MS Bellriva fährt laut Reiseprogramm von Köln nach Trier und zurück. Anlegepunkt ist aber nicht Trier, sondern Schweich. Der Grund: Die einzige Landebrücke Triers für große Passagierschiffe am Zurlaubener Ufer ist so überlastet, dass die Schiffe auf andere Ankerpunkte an Mosel und Saar ausweichen müssen. Zwar gibt es auch im Trierer Hafen einen Anlegeplatz für 135-Meter-Schiffe, doch genutzt wird der wenig. Welcher Reiseveranstalter möchte seinen Gäste schon das Ambiente von Schrotthaufen und Ladekränen zumuten? Doch die Stadt Trier hat reagiert, sie will stärker vom Boom des Kreuzfahrttourismus profitieren. Seit längerem bemühe sich das Wirtschaftsdezernat um die Schaffung weiterer Anlegemöglichkeiten, sagt ein Stadtsprecher.
Aus Platzgründen und aufgrund der geringen Wassertiefen seien in Zurlauben keine weiteren Anlegestellen möglich, wohl aber weiter nördlich im Bereich zwischen IAT-Tower und der Firma Boost. Laut Stadtverwaltung ist es mit dem Bau eines Anlegers alleine nicht getan. Zur Infrastruktur gehöre eine Zufahrt für Busse, die Versorgung mit Strom und Wasser sowie die Abwasserentsorgung und die Müllbeseitigung. Die Überlegungen der Stadt gehen dahin, mit einem Privateigentümer und den Stadtwerken Trier (SWT) modulartig vorzugehen: Zunächst wird ein Anleger gebaut, später ein größeres "Terminal". Kontakt mit Planern gebe es bereits.
Rüdiger Boost, Geschäftsführer der Schiffswerft Boost, bestätigt gegenüber dem TV, dass es zwei Vorgespräche mit der Stadt gegeben hat. Seit fast einem Jahr habe er aber nichts mehr aus dem Rathaus gehört. Boost will der Stadt sein Grundstück zur Verfügung stellen. Ein oder zwei Anleger hält Rüdiger Boost für machbar, das Problem sei die Zuwegung: "Ich habe ein Konzept im Kopf, jetzt ist die Stadt am Zug."Extra

Anlegestellen: An der Mosel gibt es 18 Anlegestellen für Kreuzfahrtschiffe, darunter in Traben-Trarbach, Bernkastel-Kues, Piesport, Riol und Trier. Schweich ist Ausweichstandort für Trier, wenn die Anlegestelle in Zurlauben belegt ist. Daneben gibt es Anlegestellen für kleinere Kreuzfahrtschiffe, unter anderem in Neumagen-Dhron, Mehring und Konz. In Saarburg (Saar) können auch größere Kabinenschiffe vor Anker gehen. alfExtra

Kreuzfahrten Mosel-Saar: Im Jahr 2010 haben 1200 Hotelschiffe mit rund 100 000 Passagieren die Mosel und die Saar befahren. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug 2,6 Tage, die Reisekosten lagen bei 1070 Euro. Die Reisenden waren im Schnitt 58 Jahre alt. Die Wertschöpfung für die Region beträgt rund 40 bis 50 Euro pro Reisetag und Passagier. (Quelle: Mosellandtouristik) alf

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