Großeinsatz wegen Sprengstoff-Fund

Wintrich · Ausnahmezustand im Moseldorf Wintrich (Landkreis Bernkastel-Wittlich): Spezialkräfte des Landeskriminalamts haben am Donnerstag ein Gebäude untersucht und größere Mengen Sprengstoff im Keller gefunden. Verdächtig sind zwei ehemalige Sprengmeister.

Wintrich. "Uns sitzt die Angst im Nacken", sagt Monika Beicht. "Da baut man sich eine Existenz auf und erfährt, dass man jahrelang auf einem Pulverfass gesessen hat." Die 52-jährige Betreiberin einer Pension ist eine von etwa 15 Wintrichern, die seit Donnerstagmorgen in der Gemeindehalle ausharren. In ihrem Zuhause, der Schulstraße, wäre ihr Leben in Gefahr - weil im Keller des Nachbarhauses Sprengstoff gelagert wurde. Wohl über Jahrzehnte.
Beide Verdächtige, der in den 80ern verstorbene Vater und sein Sohn, waren Sprengmeister. Heute lebt der Enkel in dem Haus inmitten von Wintrich. Nach TV-Informationen ist die Polizei am vorigen Wochenende bei einer Drogenrazzia auf dem Grundstück auf das Sprengstoff-Lager aufmerksam geworden.
Sprengung in Maring-Noviand


Gestern beginnt dann gegen 10 Uhr der geplante Großeinsatz von Polizei und Feuerwehr. Auch Sanitäter und ein Notarzt sind vor Ort. Eine Handvoll umliegender Häuser im Radius von 70 Metern mit etwa 20 Bewohnern wird evakuiert, darunter die Pension und ein Weingut. Auch die Moselweinstraße wird über Stunden gesperrt. Aus Expertensicht würde die Menge des Sprengstoffs mindestens ausreichen, um das Gebäude in Schutt und Asche zu legen. 300 Meter oberhalb des Hauses befindet sich die Grundschule.
Im Gewölbekeller finden die Einsatzkräfte mehrere Stangen Sprengstoff, der wohl schon mehrere Jahre alt ist. Deshalb ist es nicht auszuschließen, dass er sich selbst entzündet, erklärt Axel Schnitzius, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Bernkastel-Kues. Das genaue Alter und damit die Frage, ob der Stoff vom Vater oder Großvater des Hausbewohners stammt, ist noch unklar.
Nachdem Mitarbeiter des inzwischen aus Wiesbaden angereisten Bundeskriminalamts den Fund kurz nach 15 Uhr in einer sogenannten Sprengglocke abtransportiert haben, wird das explosive Material zu einer Kiesgrube nach Maring-Noviand gebracht, um es kontrolliert zu sprengen. Währenddessen geht die Suche an einer zweiten Stelle weiter: In einem Erdbunker am Weierbach soll der Großvater Sprengstoff gelagert haben. Doch die Vermutung läuft ins Leere. Kein brisanter Inhalt.
Und die Anwohner? Viele sind "geschockt und sauer", wie Monika Beicht und Gisela Auler (64) sagen. Beicht sorgt sich vor allem um ihren Hund, den sie im Haus zurücklassen musste. Unverständlich sind für die Wintricher nicht nur der verantwortungslose Umgang mit dem gefährlichen Material, sondern auch die Errichtung eines Anbaus vor ein paar Jahren. Neben dem Enkel wohnt jetzt eine pakistanische Flüchtlingsfamilie in dem Haus. Und niemand ahnte etwas von der Gefahr.
Welche Strafe den oder die Täter erwartet, war gestern nicht in Erfahrung zu bringen. Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz können sowohl mit einer Geld- als auch mit einer Haftstrafe geahndet werden - die für den umso höher ausfällt, der sich der Gefahr bewusst war. Geht die Tat aber allein auf den verstorbenen Großvater zurück, kann sie nicht mehr bestraft werden.

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