Grübeln in Gräfendhron

GRÄFENDHRON. (iro) Das idyllisch gelegene Gräfendhron ist demnächst Schauplatz eines Gründercamps für Studierende. Fern vom normalen Universitätsalltag wollen Studenten mit ihrem Professor sich intensiv Gedanken darüber machen, ob sie das Zeug haben, selbst ein Unternehmen zu gründen.

Mehr als 20 Studierende der Fachhochschule Gelsenkirchen und der Universität Duisburg-Essen nutzen das Angebot, sich in der vorlesungsfreien Zeit fern von Hörsälen mit dem Thema Existenzgründung zu befassen. Die Entscheidung für Gräfendhron fiel fast zufällig. Ein ehemaliger Student von Prof. Gerd Wassenberg, der das ungewöhnliche Seminarangebot entwickelt hat, machte ihn auf das Landhaus Gräfendhron aufmerksam, das seine Eltern betreiben. Der geschäftsführende Direktor des Instituts zur Förderung von Innovation und Existenzgründung an der Fachhochschule griff den Hinweis auf und fuhr bei der nächsten Gelegenheit hin. "Es ist fantastisch hier", war sein erster Eindruck von dem idyllisch gelegenen Ort - gerade richtig für sein neuestes Projekt, das Gründercamp. Sogar das Funkloch für Handys "kommt mir gar nicht ungelegen". Das Seminar will die "Landschaft aus Wald, Wasser und Wiesen" sowie die beschauliche Dorfatmosphäre nutzen, um den Kopf für neue Idee freizuräumen. Nicht jeder Student sei zum Unternehmer geeignet, ist Wassenberg überzeugt. Ohne Risikobereitschaft gehe es nicht. Eine Gründerkultur müsse sich in Deutschland noch entwickeln.Teams sind am Markt erfolgreicher

Experten aus der Praxis zeigen den Studierenden in Gräfendhron, wie man eine Geschäftsidee entwickelt. Fünf solcher Konzepte werden der Gruppe vorgestellt, die schon weit entwickelt sind. Zwei Firmen existieren bereits, drei stehen kurz vor der Gründung. Die Ideen reichen von einer neuen Art des Veranstaltungsmanagement übers Internet bis zum Thema Sicherheit in den Kommunikationstechniken. Doch bei Fragen nach Details wird der sonst so kommunikative Professor plötzlich wortkarg: "Die plaudert man nicht aus." Eine Marktlücke, über die gesprochen werde, sei schließlich keine mehr. Doch es kommt nicht nur auf die richtige Idee an. Vieles will gelernt sein: Wie mache ich auf mein Produkt aufmerksam? Wie schütze ich es gegen Plagiate? Wie vermarkte ich es im benachbarten Ausland? Und wie schaffe ich es, beim entscheidenden Banktermin eine gewisse Coolness an den Tag zu legen? Sogar eine Weinprobe steht auf der Tagesordnung. Denn künftige Unternehmer müssen sich auch bei gesellschaftlichen Anlässen sicher bewegen können. Gelernt wird nicht nur im Landhaus: Die Konzentrationsübung wird bei den Bogenschützen absolviert. Und ein Fußballspiel gegen die Dorfmannschaft wird im Seminarplan zur "Team bildende Maßnahme". Die sind laut Wassenberg ohnehin äußerst wichtig. Denn Firmen, die von zwei oder drei Menschen gegründet werden, seien tatsächlich erfolgreicher am Markt. Finanziell unterstützt wird das Seminar vom hochschuleigenen Inkubator-Zentrum Emscher-Lippe, einer Art Gründerzentrum auf dem Areal der ehemaligen Zeche Hugo. Mit dem Zentrum wollte man 1992 ein sichtbares Zeichen gegen die hohe Arbeitslosigkeit in Gelsenkirchen setzen. Noch mehr als in anderen Einrichtungen der Art soll das Inkubator-Zentrum quasi als "Durchlauferhitzer" fungieren. Existenzgründer sollen dort schnell auf eigenen Füßen stehen. Ein ehrgeiziges Ziel. Das hat sich im übrigen auch der Gelsenkirchener Professor gesetzt. Wenn zwei oder drei Ideen nach dem Gründercamp zur endgültigen Reife gebracht würden, dann ist das nach Auffassung von Wassenberg ein "sagenhafter Erfolg, den man in Lehrveranstaltungen sonst nicht erreichen kann".

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