Guter Rat ist nicht immer teuer

Bernkastel-Kues/Wittlich · Sucht, Verschuldung und Familienstreit: Das Wirkungsfeld der Caritas-Beratungsstellen ist breit. Zur täglichen Arbeit gehören Gespräche und Weitervermittlungen. 6000 Menschen haben im vergangenen Jahr Angebote im Kreis Bernkastel-Wittlich genutzt.

 Hilfe in vielen Lebenslagen: Die Caritas Mosel-Eifel-Hunsrück mit ihren 350 Mitarbeitern hat ein breit gefächertes Angebot. TV-Foto: Klaus Kimmling

Hilfe in vielen Lebenslagen: Die Caritas Mosel-Eifel-Hunsrück mit ihren 350 Mitarbeitern hat ein breit gefächertes Angebot. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bernkastel-Kues/Wittlich. Frau M., 74 Jahre alt, lebt mit ihren zwei erwachsenen Kindern unter einem Dach. Von ihrer knappen Rente muss sie das Haus unterhalten. Dabei wird sie von beiden Kindern nicht unterstützt und kommt kaum noch über die Runden. So oder so ähnlich sehen Situationen aus, in denen Sozialpädagoge Stephan Arnoldy Menschen berät und weiterhilft.
Oft komplexe Notlagen


Er arbeitet in der allgemeinen Sozial- und Familienberatung sowie in der Suchtberatung der Caritas Mosel-Eifel-Hunsrück. "Wir haben oftmals mit sehr allgemeinen Notlagen zu tun, die sich in verschiedenen Lebensbereichen abspielen. Mit ersten, sondierenden Gesprächsversuchen versuchen wir, die Lage für den Betroffenen zu entwirren. Wir wollen den Leuten mit unserer Beratung mögliche Ansatzpunkte zeigen. In diesem Fall wäre es wichtig, der alten Frau klarzumachen, dass sie ein einklagbares Anrecht auf die Unterstützung der Kinder hat."
Die Fälle sind dabei je nach familiärer und sozialer Lage sehr verschieden und umfassen Probleme mit Familie, Krankheit, Süchten oder Schulden. "Viele Leute müssen erst aufgeklärt werden, was ihnen tatsächlich zusteht und welche Rechte sie haben. Zum Beispiel in Bezug auf Rentenansprüche", meint Arnoldy. 194 Menschen wendeten sich vergangenes Jahr in der Sozial- und Familienberatung an die Caritas. In der Schwangerschaftsberatung wurden 322, teilweise noch sehr junge Frauen finanziell und beratend unterstützt. Die Migrationsberatung half 89 Ausländern und Asylsuchenden. Das Haus habe dabei eine "Komm-Struktur", die Leute kommen also selbst zu den Stellen der Caritas oder rufen an. In erster Linie gehe es darum, den Leuten zu zeigen, wie sie sich selbst helfen können. "Wenn jemandem der Strom abgestellt wurde, nutzt es wenig, sich nur darum zu kümmern. Die Probleme gehen ja tiefer. Wir wollen den Leuten Hilfe sein, wieder ein selbstbestimmteres Leben zu führen", so Rudolf Bollonia, Geschäftsstellenleiter der Caritas Wittlich. Das geht oft auch nur über die Hilfe Dritter, so zum Beispiel bei Rehamaßnahmen für überforderte Eltern oder der Vermittlung an Jobcenter. Im Caritasverband Mosel-Eifel-Hunsrück sind laut Bollonia 350 Mitarbeiter beschäftigt.
In vielen Fällen zieht ein Problem noch andere mit sich. Ein arbeitsloser Jugendlicher ohne Schulabschluss, der sowieso kaum eine Perspektive zu haben scheint, verbringt seine viele Zeit mit teuren Onlinespielen. Er verschuldet sich und gegebenenfalls sogar die ganze Familie. So das Szenario, das jedoch deutschlandweit in ähnlicher Form vielfach zu finden ist.
Mit kleinen Beträgen fängt es an


Der Betrag, der eine Verschuldung in Gang setzt, muss dabei gar nicht unbedingt groß erscheinen. "Oft reicht auch schon eine Autoreparatur oder die kaputte Waschmaschine", so Bollonia. Die mangelnden Einkünfte und anwachsenden Zinsen machen auch kleine Schuldenbeträge schnell zum Problem. "Viele der Leute wurden vorher auch einfach schlecht beraten. Die Beträge gehen dabei von 1000 bis 100 000 Euro. Manchmal lässt eine Bank noch mit sich verhandeln und verzichtet auf einen Teil der Zinsen", meint die Pädagogin Katja Reinehr, die in der Schuldner- und Insolvenzberatung tätig ist. 2012 ist die Zahl der Ratsuchenden auf 322 gestiegen. Das sind über hundert mehr als im Vorjahr.Auch die Beratungen von Suchtkranken machen einen wichtigen Teil der Arbeit aus. 453 Menschen, in erster Linie Männer, wandten sich an die Suchtberatung. Die externe Beratung nahmen 61 Insassen der Jugendvollzugsanstalt und 192 Häftlinge der Justizvollzugsanstalt Wittlich in Anspruch. Ein seit wenigen Jahren eingerichteter Fachbereich für Spielsuchtberatung hat sich auf Glücksspiel- und Onlinesucht spezialisiert. Auch hier sind die Probleme vielschichtig, und die Vermittlung an Therapiemaßnahmen ist eine wichtige Aufgabe. Spielsucht, Verschuldung und Alkohol bilden oftmals einen Teufelskreis.
Neben den Beratungsstellen sind auch Einrichtungen wie Essen auf Rädern, die Kleiderkammer und die Wittlicher Tafel Projekte der Mitarbeiter des Verbands Mosel-Eifel-Hunsrück. Von der Tafel wurden 1500 Menschen mit Lebensmitteln versorgt.
"Essen auf Rädern" fuhr gegen Bezahlung 22 000 Mahlzeiten aus. Von der Kleiderkammer wurden 3500 Kleider verteilt. Bei der alljährlichen Weihnachtsbaumaktion kamen 16 000 Euro zusammen.
Die Geld- und Gutscheinspenden wurden dabei in Briefumschläge getan, auf denen ein anonymisiertes Einzel- oder Familienschicksal beschrieben wurde. Die Kuverts waren an eigens dafür aufgestellten Weihnachtsbäumen befestigt. Zudem wurden weitere 12 000 Euro an Bedürftige verteilt.

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