Haftstrafe oder Psychiatrie: Viel Arbeit für Gutachter

Bernkastel-Kues · Er sitzt in Haft, hat aber schon vor Strafantritt erneut kräftig zugelangt. Immer unter Alkoholeinfluss und nach Stress mit dem anderen Geschlecht. Dem 20-Jährigen droht die dauerhafte Einweisung in die Psychiatrie.

Bernkastel-Kues. Es ist eher selten, dass sich ein Prozess vor dem Amtsgericht in Bernkastel-Kues über mehrere Verhandlungstage hinzieht. Im Fall eines 20-Jährigen aus Traben-Trarbach ist das aber so. Nicht wegen der Schwere des Delikts, sondern weil ein Gutachter eingeschaltet ist, der das Wesen des jungen Mannes derzeit in einer Klinik für forensische Psychiatrie ergründet.
Der Angeklagte wird mit Hand- und Fußfesseln vorgeführt. Ein Zeichen dafür, dass er kein unbeschriebenes Blatt ist. Seit Oktober sitzt er eine 20-monatige Haftstrafe wegen Körperverletzung, Diebstahl und Sachbeschädigung ab. Nun steht er wegen Körperverletzung und Beleidigung vor Richter Oliver Emmer und den beiden Schöffen. Der schwerste Vorwurf: Der Mann soll im Juli einen 27-Jährigen aus Eifersucht mit einem Nietenarmband schwer an der Nase verletzt haben. Das Opfer soll Gefallen an einer jungen Frau gefunden haben, mit der auch der Angeklagte schon liiert war. Immer dann, das wird am ersten Verhandlungstag schnell klar, wenn das Mädchen im Spiel ist, wird er aggressiv. Durch Alkohol und Drogen erfährt diese Stimmung noch eine Steigerung.
Der Mann gibt den Schlag auf den vermeintlichen Nebenbuhler zu. Bei der Tat hatte er etwa 1,82 Promille Alkohol im Blut. "Alkohol und Drogen verstehen sich nicht bei mir", sagt er. Es ändert sich aber nichts. Wenige Tage später gerät er beim Weinfest in Traben-Trarbach mit drei Personen einer Familie aneinander. Den Sohn hat er auch im Verdacht mit seiner Exfreundin angebandelt zu haben. Beleidigende Worte fliegen hin und her. Schließlich verletzt der Angeklagte den Familienvater mit einem Schlüsselbund am Ohr. Zur Tatzeit dürfte der 20-Jährige 1,92 Promille im Blut gehabt haben.
Ohne Alkohol, Drogen und Stress mit dem anderen Geschlecht sei er umgänglich, heißt es von Opfern und Zeugen. Vor Gericht vermittelt er zeitweise einen anderen Eindruck, redet dazwischen, lacht unvermittelt und knabbert an einer Kette, die einem Rosenkranz ähnelt. Dazu kommen bei der Aussage eines Zeugen Sprüche wie "Gott wird Deine Sünden strafen".
Gutachter Wolfram Schumacher-Wandersleb hört aufmerksam zu und stellt Fragen. Von seinem Urteil hängt viel ab: unter anderem, ob der Angeklagte in eine geschlossene Klinik eingewiesen wird. Der Prozess wird am Mittwoch nächster Woche und am 8. Januar fortgesetzt.

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