Hagelopfer fürchten den Winter
Veldenz · Das Hagelunwetter Ende August hat in mehreren Moselgemeinden Hunderte Dächer und Fassaden zerstört. Zahlreiche Dächer wurden seitdem neu eingedeckt, doch noch warten viele Menschen auf die Handwerker - unter anderem in Veldenz, wo das Unwetter besonders heftig wütete.
Veldenz. Das Haus der Steinhauers in der Veldenzer Feldstraße ist mit einer riesigen Plastikplane bedeckt. Ob dieses Provisorium dicht hält, wenn es mal heftig schneit? "Das kann ich mir nicht vorstellen", sagt Jutta Steinhauer. Schon jetzt ist sie bei jedem vorhergesagten Regen nervös und angespannt, denn an manchen Stellen drückt sich das Wasser trotz Plane durchs Dach. Am Gebälk haben die Steinhauers mehrere Eimer aufgehängt. Dort hat es schon mehrmals reingeregnet. Zusätzlich haben sie rund um den Treppenabgang aus Zement einen zehn Zentimeter hohen Wall gebaut. "Für alle Fälle, wenn der Dachboden mal unter Wasser stehen sollte", sagt Jutta Steinhauer. Die Barriere soll verhindern, dass Regenwasser in die unteren Räume - ins Wohn- und Schlafzimmer läuft.
Die provisorische Abdeckung haben Feuerwehrleute schon einen Tag nach dem Unwetter auf dem Dach befestigt. Ein Dachdecker besserte die Arbeiten kurze Zeit später nach. Doch seitdem hat sich nichts mehr getan. Der beauftragte Dachdecker hat die Steinhauers immer wieder vertröstet. Zuletzt musste er eingestehen, dass er die Dachziegel zu spät bestellt hatte. Jetzt sollen sie bis Ende November da sein. "Wir sind an den falschen Handwerker geraten. Wir hätten wechseln sollen, waren aber zu gutmütig", ärgert sich Jutta Steinhauer. Ihr Nachbar Erich Schladweiler meint: "Die Dachdecker haben einfach zu viele Aufträge angenommen, und jetzt kommen sie nicht mehr nach." Sein Dach wurde vor wenigen Tagen halb neu eingedeckt, danach ist der Dachdecker zu einer anderen Baustelle gefahren.
So wie den Steinhauers, die rund 50 000 Euro Schaden zu beklagen haben, geht es vielen anderen Familien in Veldenz, aber auch in Mülheim, Brauneberg, Andel, Lieser, Kues und Kröv. Rund 80 Häuser sind allein in Veldenz noch provisorisch mit einer Plane abgedeckt (siehe Hintergrund). Die Steinhauers bekommen den Schaden von der Versicherung bezahlt.
Nur wenige Straßen weiter wohnt die fünfköpfige Familie Kauth. Deren Hausdach hat der Hagel vor drei Monaten völlig demoliert. Peter Kauth ist zurzeit ratlos. Gegen Hagel war der Lagerarbeiter nicht versichert. Die Behelfsabdeckung habe ein Dachdecker im Auftrag der Gemeinde gemacht, sagt Kauth. Ob und wann er den Auftrag für die Neueindeckung geben kann, weiß er noch nicht. "Das hängt davon ab, ob ich finanzielle Hilfen bekomme", sagt er (Extra). sim
Extra
Die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues hat das Hagelunwetter bislang rund 60 000 Euro gekostet. Sie hat die Kosten für die Plastikplanen und die Holzlatten, die unmittelbar nach dem Unwetter von den Feuerwehren zur Abdichtung verwendet wurden, übernommen. Die Verbandsgemeinde kommt auch für die von den Feuerwehrleuten geleisteten Arbeitsstunden auf. Nach Auskunft von Heiner Nilles, Büroleiter der Verbandsgemeinde, wird dieses Geld von den Betroffenen nicht zurückgefordert. Die Gemeinde Veldenz hat den Betroffenen, die nicht versichert waren, die Kosten für die von Dachdeckern vorgenommenen provisorischen Abdichtungen vorfinanziert. Die Gesamtsumme beträgt rund 10 000 Euro. Nach Auskunft der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich kann bei Gebäuden ein Teil der Kosten, der nicht durch die Versicherung übernommen wird, im Rahmen des regulären Dorferneuerungsprogramms gefördert werden. Die Fördersumme kann aber erst festgelegt werden, wenn die Kostenübernahme durch die Versicherung geklärt ist. Bislang sind sieben Anträge bei der Kreisverwaltung eingegangen. In besonderen Härtefällen können die Betroffenen Sozialhilfen in Anspruch nehmen. So können beispielsweise Aufwendungen für Reparaturen als Bedarf für die Unterkunft anerkannt werden. Derzeit liegt ein Antrag vor.sim volksfreund.de/videos Hintergrund
Nach Auskunft von Architekt Werner Simon, der im Auftrag der Gemeinde Veldenz die Bürger bei der Beseitigung der Hagelschäden berät, sind von den etwa 300 beschädigten Häusern inzwischen ein Viertel neu gedeckt, knapp die Hälfte ist mit einer winterfesten Bitumenvordeckung versehen, und etwa ein Drittel habe noch eine Notabdeckung mit Plastikplanen. Seien die Planen handwerklich gut verlegt, könnten sie den Winter unbeschadet überstehen. Dennoch sollten Hausbesitzer bei Sturm und Regen stets die Notabdeckung genau kontrollieren und eventuell entstandene Schäden sofort reparieren lassen. sim