Harmonie in der Backstube

BERNKASTEL-KUES. Seit 18 Jahren widmet sich die Backstube der Berufsbildenden Schule der überbetrieblichen Ausbildung im Bäckerhandwerk. Der aktuelle Lehrgangsleiter ist ein ehemaliger Schüler seines Vorgängers. Bis heute haben beide eine außergewöhnliche Atmosphäre der Zusammenarbeit geschaffen.

 Drei Bäckergenerationen arbeiten an der BBS zusammen: Azubis Marco Schütz, Bernhard Schorn, Fachlehrer Peter Kampka, Bäckermeister Hermann Follmann, Karsten Fleury und Azubi Tobias Wintrich.Foto: Lena Mager

Drei Bäckergenerationen arbeiten an der BBS zusammen: Azubis Marco Schütz, Bernhard Schorn, Fachlehrer Peter Kampka, Bäckermeister Hermann Follmann, Karsten Fleury und Azubi Tobias Wintrich.Foto: Lena Mager

DerBlick des 74-jährigen Bäckermeisters Hermann Follmann ausHetzerath schweift gelassen über die Tiegel, Knetmaschinen undBackbleche. Diesen Mann kann nichts so leicht aus der Ruhebringen. In dem großen hellen Raum im Erdgeschoss derBerufsbildenden Schule von Bernkastel-Kues hat er zwölf Jahrelang die überbetriebliche Ausbildung etlicher Generationenzukünftiger Bäckermeister geleitet. Zwölf Jahre Teenager zwischen14 und 18 Jahren. Wir ahnen es mit Grauen: Pubertät, MachoGehabe, sich in der Gruppe unbesiegbar fühlen usw. Das ganzeHorror-Szenarium eines Lehreralltags. Follmann schüttelt lächelndden Kopf: "Diese Art Probleme mit Jugendlichen hatte icheigentlich nie." Und wenn mal einer provozieren wollte, habe erden jungen Mann kurzerhand zum Nachdenken vor die Tür geschickt. "Nur zum Nachdenken," wiederholt Follmann zufrieden. Nach kurzer Zeit schon sei der Übeltäter mit deutlich besseren Umgangsformen zurück gekehrt. Heute ist Follmann eigentlich nur gekommen, weil der jetzige Lehrgangsleiter Karsten Fleury kurzfristig einen auswärtigen Termin hat. Für den Rentner eine Selbstverständlichkeit einzuspringen. Auch jetzt noch, wo er selbst bereits die Leitung der Ausbildungskurse niedergelegt hat. Aber Fleury ist einer seiner Schüler gewesen, und Follmann sieht es nicht ohne Stolz, dass der 30-jährige Brauneberger vor nunmehr sechs Jahren in seine Fußstapfen getreten ist. Darum hilft er, wo er kann.

Höchstes Lob von einem Siebzehnjährigen

Trotz des 40-jährigen Altersunterschieds bilden die beiden Bäckermeister ein perfektes Team. Wenn man sie da in der Backstube zusammenstehen sieht, beide in ihrer Bäckerkluft und in ihrem ureigenen Element, fällt die Gelassenheit und Freundlichkeit unter ihnen auf. Da gibt es kein Gerangel um Vorherrschaft oder sonstige Eitelkeiten. Der Ältere erweist dem Jungen den gleichen Respekt wie der Junge dem Älteren. Ein Respekt, der sich auch auf die Auszubildenden überträgt. So denkt Azubi Bernhard Schorn zwar eine Weile angestrengt nach über eventuell Nervendes an seinen so unterschiedlichen Lehrmeistern, doch dann zuckt er die Achseln. "Die Zwei sind voll o.k." Höchstes Lob von einem Siebzehnjährigen. Unter Fachlehrer Peter Kampkas organisatorischer Mitarbeit wurde die überbetriebliche Ausbildung seinerzeit initiiert und ist bis heute ein Beleg für die hervorragende Zusammenarbeit zwischen der Bäckerinnung und der Berufsbildenden Schule. "Dabei war es am Anfang gar nicht so leicht einen willigen Bäckermeister zu finden," erinnert sich Kampka. Wer schon die halbe Nacht in seiner eigenen Backstube verbracht habe, lasse sich kaum von einem zusätzlichen Arbeitstag in der Schule begeistern. Follmann erinnert sich, dass er damals, \\'88, als er bereits in Rente war - von der Innung angerufen wurde. Für ihn war es keine Frage, dem Ruf zu folgen. Immerhin betreibe er das Bäckerhandwerk aus Leidenschaft und die Aussicht, diese Begeisterung jungen Menschen zu vermitteln, ließ ihn zugreifen. Fünf Tage währt die Ausbildung für die Auszubildenden im 2. Lehrjahr, die im Gegensatz zu anderen Schulen viel Wert auf Selbständigkeit legt. Hier wird nicht "nachgebacken", sondern selber ausprobiert, wie Karsten Fleury mit Nachdruck feststellt. "Ich warne schon mal, wenn die Salzmenge falsch abgewogen wird," schmunzelt er und fügt dann boshaft hinzu: "Aber wer nicht hören will, muss am Ende schmecken." Nur so lernen die Auszubildenden eigenverantwortliches Arbeiten. Das Erfolgserlebnis folgt sogleich. In den Pausen werden die frischen Backwaren an die restlichen 1100 Schüler verkauft.

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