Hauptrolle vom Mittelalter bis zur Fernsehserie

Ürzig · Der Mönchhof in Ürzig hat bewegte Zeiten erlebt: Als eines der ältesten Weingüter an der Mosel wurde er von Mönchen gegründet, erlebte den Wandel zum modernen Winzerbetrieb mit Fremdenzimmern und diente als Filmkulisse.

Ürzig. Golden fällt die Herbstsonne auf die Hänge der Weinberge, die sich zu beiden Seiten der Mosel steil in den wolkenlosen blauen Himmel erheben. Vor der Kulisse aus dem jahreszeitlich gelb gefärbten Weinlaub thront der Mönchhof. Das Weingut aus dem 12. Jahrhundert zeigt sich eitel in seinem stolzen Putz mit den beiden zur West- und Südseite über das Dach hinaus ragenden Fassadenteilen.
"Salve" grüßt eine über die Tür gemeißelte Inschrift den Gast, der über den Innenhof den Treppenaufgang zur Pforte genommen hat. Hausherr Robert Eymael öffnet die mittelalterliche Tür mit den schweren Eisenbeschlägen. Das einfallende Sonnenlicht erhellt den schmalen mit dunklem Holz vertäfelten Flur bis zum Treppenaufgang an seinem weit zurückliegenden Ende. Das gleißende Licht schenkt den über 100 Jahre alten Bodenfliesen die Kraft, ihr kräftiges Blau und Rot zu präsentieren. Seit dem großen Umbau des ehemaligen Weinguts der Himmeroder Zisterzienserabtei durch Robert Eymaels Urgroßvater Jean haben viele Gäste sie betreten.
Manche von ihnen waren dem Gebäude weniger wohlgesonnen wie die französischen Streitkräfte, die es von 1945 bis 1947 okkupierten, Messerwerfen auf die mittelalterlichen Eichentüren veranstalteten, alle Möbel ausräumten und sie auf Bitte von Robert Eymaels Großmutter wieder herbrachten. Als Kleinholz schütteten sie die Überbleibsel auf den Hof. Was Martha Eymael retten konnte, waren die Ölgemälde ihrer Vorfahren, die das Weingut einst bewirtschafteten. Die Ahnengalerie überdauerte den Krieg, vergraben im Garten.
Heute schmücken die Bilder die beiden Salons im Erdgeschoss. Mit ernsten Mienen werfen die Männer und Frauen ihre Blicke in die mit antiken Möbeln gediegen eingerichteten Räume, in denen Robert Eymael und sein Partner Volker Besch ihre Gäste empfangen. Ein Porträt zeigt Jean Eymael, den Urgroßvater des jetzigen Hausherren. Er ließ 1898 einen dritten Stock aufbauen, das Treppenhaus vertäfeln und schenkte dem Haus seine unverwechselbare, auffallend verschnörkelte Fassade. "Mein Urgroßvater muss verrückt gewesen sein, um so was zu machen", lacht Robert Eymael. Zur Moselseite ließ der Mann mit der liberalen Gesinnung eine Büste von Kaiser Friedrich III. ins Mauerwerk integrieren.
1955 wurde Robert Eymael in dem Haus geboren. 1994 übernahm er das heute 21 Hektar große Weingut. Die Kelteranlagen waren inzwischen ausgelagert, das Kelterhaus wandelte er in eine Vinothek um, das oberste Stockwerk des 1500 Quadratmeter großen Haupthauses baute er zu vier Gästezimmern aus.
Vom einstigen Wohlstand zeugt nicht nur das großzügige Raumangebot. Auch die in die Holzvertäfelung des Treppenhauses integrierte Sitzbank fürs Personal, das dort auf seinen Abruf wartete, weist noch darauf hin. Noch eigenhändig entfernte Robert Eymael die Klingeln, mit der die Herrschaften aus allen Zimmern läuten konnten.
Im Gegensatz zum Prunk stehen die im Flur dekorativ aufgereihten Zinnteller der Mönche, die Jahrhunderte lang das Anwesen bewirtschafteten. Sie blieben erhalten, weil der Bruder von Robert Eymaels Großvater den Hausrat 1933 mitnahm, als er nach Ostafrika auswanderte.
Die lange Geschichte des Hauses wird Robert Eymael täglich bewusst, wenn er die fünf Tonnengewölbe, in denen die Eichenfässer lagern, betritt. "Mein Gott, wie viele Generationen Mönche sind hier schon durchgelaufen", durchfährt ihn jedes Mal der Gedanke.
Die Atmosphäre reizte auch einen Regisseur, der 1986 auf der Suche nach einem Drehort für den Roman "Moselbrück" nach Ürzig kam. Familie Eymael gab ihr Ja und der Mönchhof wurde bis 1990 Kulisse für die 30 Teile der ARD-Serie.
Robert Eymael, studierter Jurist, bezeichnet sich als "geborenen Rationalist". Daher fällt es dem 56-Jährigen nicht schwer, daran zu denken, was aus dem Mönchhof wird, wenn er das Rentenalter erreicht hat. "Schau ma mal", sagt er und begibt sich an das Naheliegende. Jetzt gilt es das Hofgut auf den Winter und die Hochwasserzeit vorzubereiten. Die schwierigsten Monate für den Mönchhof, in dem das Wasser schon zwei Meter hoch zu Gast war.Extra

Der Mönchhof ist seit über 200 Jahren in Familienbesitz. 1177 gründeten Mönche der Zisterzienserabtei Himmerod das Weingut am Ufer der Mosel in Ürzig. 1806 kaufte Joseph Schmitz das Anwesen Napoleon ab. Er vererbte es seiner Tochter, die Johann Berres heiratete. Deren Tochter Elisabeth heiratete 1830 einen holländischen Tuchhändler aus Heerlen. Ihr Sohn Johann Hubert Eymael führte den Betrieb weiter, nach seinem Tod übernahm ihn sein Bruder Jean Eymael. Nach dessen Tod im Jahr 1920 ging das Weingut auf seinen Sohn Robert über. Von ihm übernahm es 1949 sein gleichnamiger Sohn, Vater des heutigen Besitzers. sys

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