Freizeit Manchmal liegt’s auch an der Unterhose

Morbach-Hundheim · Heike Schell ist als Wertungsrichterin für Männerballette in ganz Deutschland unterwegs. Im TV erzählt sie, worauf sie dabei achten muss und warum sie bei ihrer ersten Deutschen Meisterschaft nur eines wollte: nach Hause.

 Heike Schell (Zweite von links) mit  anderen Wertungsrichtern des BVDM.  Bei Wettkämpfen müssen die Juroren in einheitliche Farben gekleidet sein.

Heike Schell (Zweite von links) mit  anderen Wertungsrichtern des BVDM.  Bei Wettkämpfen müssen die Juroren in einheitliche Farben gekleidet sein.

Foto: TV/Martina Klasen

Heike Schell hat schon viele Städte und Landstriche gesehen in Deutschland: das Rheinland, Rheinhessen oder Riesa. Dort sind im Juni die Deutschen Meisterschaften der Männerballette. Ob sie auch in diesem Jahr wieder bei dem Saison-Höhepunkt des Bundesverbands Deutscher Männerballette (BVDM, siehe Info) vor Ort sein wird, steht noch nicht fest. Bei den saarländischen Landesmeisterschaften des BVDM am kommenden Samstag, 13. April, wird die Hundheimerin aber auf jeden Fall dabei sein. Nicht, weil sie Karnevalsverrückt ist, sondern weil  die 56-Jährige als Wertungsrichterin regelmäßig bei Turnieren, Landeswettkämpfen oder Deutschen Meisterschaften in der Jury sitzt und den Tänzern auf die Füße schaut. Oder auf die Hände.  „Man muss zum Beispiel in der Jury auch darauf achten, ob die Hand in die richtige Richtung zeigt, ob der Daumen angelegt ist oder nicht“, erklärt sie.

Und was gehört noch zu den Dingen, die einem Jury-Mitglied auffallen sollten und die zu einem Punktabzug führen können? „Wenn eine Gruppe unterschiedliche Schuhe trägt zum Beispiel, die Hose eines Tänzers nicht gebügelt ist, die Mimik nicht stimmt. Oder wenn die Tänzer nicht geschminkt sind.“ Denn eine Grundierung und nachgezogene Augenbrauen müssten auf der Bühne schon sein, sagt Heike Schell. Einmal, sagt sie, habe auch die Unterhose eines Tänzers für einen Punktanzug gesorgt. Das Wäschestück, hergestellt von einem bekannten amerikanischen Designer, sei deutlich über den Hosenbund zu sehen gewesen.  „Das möchte ich aber nicht sehen bei einem Tanz“, sagt Schell. Das Gesamtbild der Gruppe war gestört. Dem Tänzer habe sie das anschließend auch gesagt.

Denn Ehrlichkeit gegenüber den Akteuren ist der Hunsrückerin wichtig.  „Ich kann jede Wertung vertreten“, sagt sie. „Weil ich mir Notizen mache und alles begründen kann.“ Bisher sei „noch nie jemand sauer nach Hause gegangen“ nach einem Wettkampf, Beschwerden  allgemein gebe es selten.

Aber Ehrlichkeit hin oder her, ein Satz, der käme Heike Schell niemals über die Lippen gegenüber Tänzern oder Trainern, egal ob Turnier, Landes- oder Deutsche Meisterschaft: dass der gezeigte Tanz absolut in die Hose gegangen ist. „Ich würde nie zu jemandem sagen: Das da war gar nix!“, sagt die 56-Jährige. Denn sie weiß als Trainerin mehrerer Tanzgruppen, wie viel Arbeit und Herzblut darin steckt.

Zu dem Jury-Job gekommen ist Heike Schell, die mit ihrer Gruppe Exposed ein großes Tanzturnier in Morbach organisiert (siehe Extra), „weil ich mal sehen wollte, worauf ich achten muss als Trainerin“. Ihre Jury-Ausbildung, die über vier Tage geht, hat Heike Schell 2015 gemacht, einmal im Jahr muss sie einen Lehrgang absolvieren. „Wer daran nicht teilnimmt, fliegt“, sagt sie. Seit 2016 ist sie regelmäßig mit sechs anderen Wettkampfrichtern in der Jury. „Seit 2016 sitze ich“, sagt die Mutter von drei Töchtern und lacht.

Nicht mehr gelacht hat sie allerdings bei ihrem ersten Einsatz in der Jury zur Deutschen Meisterschaft: „Die Gruppen waren alle so gut, ich wusste nicht, wo ich  Punkte  abziehen soll. Nach drei Gruppen hatte ich erst einen Punkt insgesamt abgezogen.“ In der anschließenden Pause habe sie dem Obmann erst mal heulend ihr Leid geklagt (“Mit dem Sitznachbarn darf man sich ja nicht besprechen.“) und gebeten, nach Hause gehen zu dürfen. Der Obmann habe ihr gut zugeredet und gesagt, dass sie bleiben solle, schlimmstenfalls sorge sie den ganzen Abend über für das Streichergebnis – die beste und schlechteste Wertung wird jeweils gestrichen. „Dann ging’s wieder“, sagt sie und lacht.

Seitdem reist sie, häufig gemeinsam mit Ehemann Manfred (“Vergangenes Jahr waren es 2000 Kilometer.“) durch Deutschland, zu Weiterbildungen oder Wettkämpfen. Und vielleicht auch im Juni nach Riesa zu den Deutschen Meisterschaften, wo aus der Region auch die Schneeflöckchen aus Schweich-Issel als einzige Gruppe aus der Region dabei sein werden. Sehr zum Bedauern von Heike Schell: „Die Monzelfelder haben ein richtig gutes Männerballett und dieses Jahr einen richtigen starken Tanz gehabt. Oder auch die Stubbinixen aus Piesport. Die könnten ruhig bei Landesmeisterschaften mitmachen. Wir freuen uns über jeden Teilnehmer.“

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