Heimat-Rampe findet immer mehr Freunde

Morbach · Die Vertreterin des Behindertenverbandes verurteilt die kritischen Formulierungen an der Optik am Zugang des Cafés Heimat in Morbach. Ortsvorsteher Georg Schuh verteidigt die Gestaltung der Rampe und stellt eine zunehmende Akzeptanz bei der Bevölkerung fest.

Morbach. Der behindertengerechte Eingang zum neuen Café Heimat ist kurz nach dem Bau von zahlreichen Morbachern kritisiert worden. Er verschandele das Haus, sehe aus wie eine Flugzeug-Abschusseinrichtung oder wie eine Rampe für einen Viehauftrieb (der TV berichtete). Diese Vergleiche findet Anita Reichert, stellvertretende Vorsitzende des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) und Vorsitzende des BSK Bereich Mittelmosel, unerhört. "Die Barrieren im Kopf sind wohl die größten, wie man hier in Morbach sieht", sagt sie.
Egal, ob eine Rampe schön sei oder nicht, der Zweck heilige in diesem Fall die Mittel, sagt sie. Die Rampe nutze Rollstuhlfahrern, Gehbehinderten und Müttern mit Kinderwagen viel. Erst so könnten diese am öffentlichen Leben teilnehmen und in das Haus hineinkommen, das das Café beherbergt. Reichert verweist auf die 2009 verabschiedete UN-Behindertenrechtskonvention, in der Barrierefreiheit als Menschenrecht festgeschrieben ist und auf das Grundgesetz, das besagt, dass niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Reichert: "Unsere Mitglieder bedanken sich bei Bürgermeister Andreas Hackethal und allen Verantwortlichen, die sich für die Rampe als Zugang für alle Menschen eingesetzt haben."
Der Morbacher Jürgen Karoli bewertet die Rampe ebenfalls positiv. "Die Kritiker sollten sich mal ein paar Tage in einen Rollstuhl setzen. Es wäre ihnen wohl egal, wie die Rampe aussieht", sagt er. Bei der offiziellen Eröffnung des Cafés Heimat verteidigte Landtagspräsident Joachim Mertes den Zugang: "Das ist die neue Denke von Heimat - an alle denken." Auch Umweltministerin Ulrike Höfken gefällt die Rampe. "Man könnte noch ein paar Blumen davorstellen", sagt die Grünen-Politikerin. Einige Besucher des Morbacher Herbstes haben sich Gedanken gemacht, wie man den Aufgang schöner gestalten könnte, und schlagen wie die Umweltministerin Blumen vor. Andere fragen nach Alternativen und warum man sich für eine Bauweise mit Edelstahl und nicht mit Holz entschieden habe. "Wir haben alle Optionen geprüft und uns für die beste Lösung entschieden", sagt Ortsvorsteher Georg Schuh, der bei dem Architekturbüro arbeitet, das den Zugang geplant hat. Eine Rampe aus Holz passe nicht zum Gebäude. Ein Aufzug oder eine Hebebühne an der Außenseite hätte ebenfalls nicht besser ausgesehen. "Ich stelle fest, dass viele Leute zu mir kommen und sagen, dass ihnen die Rampe gefällt", sagt er. Das Geländer werde außerdem noch verkleidet. Positiv bewertet er, dass die Rampe auch von Nichtbehinderten benutzt wird und Rollstuhlfahrer den gleichen Zugang wie die anderen Gäste benutzen können. Die Kritik an dem behindertengerechten Zugang komme auch daher, weil die Leute das Gebäude bisher anders kannten.
Und was sagt Regisseur Edgar Reitz über den umstrittenen Behindertenzugang zu seinem Elternhaus? "Es ist richtig, Behinderte nicht auszugrenzen und ihnen einen Zugang zu ermöglichen. Aber die Rampe ist etwas mächtiger ausgefallen, als es hätte sein müssen. Ich frage mich, ob eine dezentere Lösung nicht genügt hätte."

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