Helikopter darf fliegen

Die Steillagen sind das Herzstück des Weinbaus in der Region. Ein Teil des Pflanzenschutzes übernimmt dabei der Hubschrauber. Ohne ihn hätten viele Winzer keine Zukunft.

Bernkastel-Kues. Im Weinanbaugebiet Mosel stehen auf einer Fläche von etwa 9000 Hektar Reben. Etwa 4000 Hektar davon sind Steillagen (Neigung mindestens 30 Prozent). In diesen Filigranstücken, in denen der in seiner Art unverwechselbare Riesling wächst, wird der Spritzhubschrauber für einen Teil der Pflanzenschutzarbeiten eingesetzt. Und das wird wahrscheinlich erst einmal so bleiben.

Selbstverständlich ist diese Regelung aber nicht, denn es gibt einen Beschluss der EU, dass ab 2011 der Einsatz von Hubschraubern für den Pflanzenschutz in Landwirtschaft und Weinbau verboten ist: unter anderem aus Gründen des Umweltschutzes. Mit vereinten Kräften, unter anderem aus Politik, Verbänden und anderen Weinbauregionen ist es gelungen, eine Ausnahmeregelung durchzusetzen. Diese Regelung greift, wenn es keine "praktikablen Alternativen" gibt. Zwar kann mit Maschineneinsatz auch im Steilhang mehr gemacht werden als noch vor einigen Jahren. Doch die Arbeit ist zeitaufwendig. Außerdem sind viele Hänge und Terrassen nicht befahrbar, andere nur mit Mühe erreichbar.

Für viele Winzer steht fest: Das Ende des Hubschraubers wäre auch das Ende der Steillage. "Ansonsten kann man uns gleich eine Beerdigungsprämie zahlen", sagt Winzer Martin Kerpen (Wehlen). "50 Prozent der Steillagen fielen bei einem Verbot weg", glaubt Kollege Markus Hammes (Mülheim). "Ein Verbot würde viele Brachflächen mit sich bringen", sagt Marcus Haag (Brauneberg). Weinbauminister Hendrik Hering ist sauer auf die Leute, die bei der EU solche Pläne erstellen. "Auf solch eine Idee kann nur kommen, wer keinen Bezug zur Realität hat". So sein Tenor beim Mosel-Weinbautag in Bernkastel-Kues.

In Zukunft wird allerdings stärker geprüft, ob alle Auflagen erfüllt werden. In Deutschland seien diese Auflagen aber sowieso schon hoch, sagt Erich Jörg vom Mainzer Weinbauministerium. So werde ein Mindestabstand von 50 Metern zu Häusern oder "sensiblen Flächen" gewahrt. Es werden nur Mittel gegen Pilzbefall versprüht. "Und zwar nur eines, das Nützlinge schont", sagt Henning Mader. Der ehemalige Weinbauberater hat den Einsatz des Hubschraubers seit dem Beginn im Jahr 1969 verfolgt.

Meinung

Realität hat die Oberhand

Umweltschutz ist ein hohes Gut. Und es ist auch nachvollziehbar, dass sich Leute ärgern, wenn sie um 5 Uhr aus dem Schlaf gerissen werden, weil der Spritzhubschrauber seine Runden dreht. Umweltschonender Weinbau ist aber längst keine Floskel mehr, sondern Realität. Gleichzeitig muss derjenige, der jetzt noch aus der Nachtruhe schreckt, wahrscheinlich gar nicht mehr aufstehen, wenn der Hubschrauber seinen Dienst einstellt. Denn dann gibt es auch keine Kulturlandschaft und für viele Menschen auch keine Arbeit mehr. c.beckmann@volksfreund.de

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