Herr über die leisen Töne

TRABEN-TRARBACH. (kbb) Wer irische Popmusik auf das Werk von U2 reduziert, wird sich wundern, welche musikalischen Exporte die grüne Insel noch zu bieten hat. Der Musiker Kieran Goss gastierte am 11. Februar in Traben-Trarbach und präsentierte eine ganz eigene Art von Popmusik, die hierzulande immer mehr Anhänger findet.

 Nachdenklich und überzeugend: Kieran Goss aus Nordirland stellt sein neues Album "Blue Sky Sunrise" in Traben-Trarbach vor. Foto: Kim-Björn Becker

Nachdenklich und überzeugend: Kieran Goss aus Nordirland stellt sein neues Album "Blue Sky Sunrise" in Traben-Trarbach vor. Foto: Kim-Björn Becker

Ein Mann in T-Shirt, Jeans und Turnschuhen betritt die Bühne. Wie ein Musiker sieht er eigentlich gar nicht aus. Eine Band gibt es nicht, ebenso wenig elektronische Instrumente. Das einzige, was Kieran Goss benötigt, ist seine Stimme und eine akustische Gitarre. Und dabei entsteht die entspannte Atmosphäre eines Privatkonzerts. Keine Lightshow, kein Orchester, keine Inszenierung lenkt von der Musik ab. Nicht einmal der Sänger selbst, der mit den legeren Kleidern und der Glatze eher unscheinbar wirkt. "Ich bin zum ersten Mal in Traben-Trarbach", sagt er auf Deutsch, "ich hoffe, wir haben eine schöne Zeit zusammen." Der erste Song heißt "That's what Love is for" - das Lied mit dem betonten Rhythmus vermittelt von Anfang an eine positive Stimmung, die etwa 80 Zuschauer wippen im Takt mit. Das Spektrum der Songtexte umfasst die klassischen Themen der Popmusik: Liebe, Sehnsucht, Hoffnung - jedoch finden in seinen Liedern auch komplexe Themen wie Emigration Erwähnung. Die Musik ist alles andere als klassischer Pop: Eine leichte, spielerische Art verleiht den Texten Ausdruck. Keine Melodie drängt sich dem Zuhörer auf, vielmehr spielt sich Kieran Goss im virtuosen und doch so leicht wirkenden Umgang mit seiner Gitarre in die Herzen seiner Zuhörer. Extensive Gitarrensoli im Stile eines Carlos Santana haben im Unplugged-Programm wenig Platz - entspannte Grooves und leise Töne betonen die Nachdenklichkeit in den Liedern dafür umso mehr. Dabei wirkt das Zusammenspiel von Musik und Text glaubhaft und authentisch - Eigenschaften, die man im Großteil der zeitgenössischen Popmusik zumeist vergeblich sucht. Goss, der als eines von 15 Geschwistern in Nordirland aufwuchs, erzählt zwischen den Liedern Anekdoten über seinen musikalischen Werdegang: Sein Debütalbum "Brand New Star" verkaufte sich gerade einmal 300 Mal. Heute, sieben Jahre und fünf Alben später, blickt er auf knapp 500 Songs zurück, die seiner Feder entstammen. Seine Solotournee führt Goss in 21 weitere Städte im deutschsprachigen Raum. Dabei ist es bemerkenswert, welche Stimmung der kleine Ire auf der Bühne zu erzeugen vermag: Wechsel von Dur- zu Moll-Tonarten vermitteln gleichzeitig sowohl Emotionen der Niedergeschlagenheit als auch der Hoffnung. "Reasons to leave" liefert ein gelungenes Beispiel für diesen schwierigen Spagat. Das Konzert endete mit dem Lied "Sacred Ground" aus dem neuen Album "Blue Sky Sunrise", das am 3. Februar in Deutschland erschienen ist. Die Botschaft lautet "Verplane Deine Zukunft nicht, sondern lebe den Moment."

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