Herrenausstatter, Spielwaren und Lebensmittel - Das wünschen sich Kunden und Händler für die leeren Geschäfte in der Innenstadt

Wittlich · Ladenlokal zu vermieten: Mehr als 30 Läden stehen mittlerweile in der Wittlicher Innenstadt leer. Mehr Lücken, weniger Laufkundschaft - ein Teufelskreis. Der Trierische Volksfreund hat Händler und Kunden gefragt: Wo liegen die Probleme? Welche Angebote fehlen?

Wittlich. Kurz vor Weihnachten in der Wittlicher Innenstadt: Viele Einheimische und Landbewohner, die durch die Gassen der Altstadt schlendern, schleppen Einkaufstüten mit weihnachtlichen Motiven. Die festlich dekorierten Schaufenster der meisten Fachgeschäfte leuchten. Doch dazwischen bleiben viele Ladenzeilen dunkel. In den Schaufenstern klebt ein kleiner Zettel mit der Aufschrift "Laden zu vermieten". Mehr als 30 Geschäftsräume in der Innenstadt stehen mittlerweile leer.
Der TV hat Händler und Kunden gefragt, welche Angebote sie derweil in der Innenstadt am dringlichsten vermissen und welche Ursachen das Ladensterben hat.

Die Händler: "Es darf nicht mehr viel passieren", sagt Heinz Schmitz, der ein Sportgeschäft in der Neustraße führt. "Wenn noch mehr gute Geschäfte in der Innenstadt schließen, dann werden die Probleme noch größer." Dem Stadtkern fehle mehr und mehr der Branchenmix, sagt Schmitz. Er persönlich vermisse einen Herrenausstatter in der Innenstadt.
In der Altstadt-Buchhandlung hat Claudia Jacoby mit dem Weihnachtsgeschäft alle Hände voll zu tun. "Es entsteht immer mehr Wohnraum in der Innenstadt", sagt Jacoby. "Aber die Leute müssen vor der Haustür auch Lebensmittel kaufen können. Sonst schicken wir sie mit dem Auto weg." Aber das Angebot sei mittlerweile sehr ausgedünnt, sagt Jacoby.
Carmen Metzen, die ein Reisebüro in der Neustraße führt, bemerkt insbesondere seit dem 1. Oktober eine abnehmende Kundenfrequenz in der Innenstadt. Sie macht die neue Regelung auf dem Parkplatz "Zentrum" dafür verantwortlich, mit der die Stadt den Händlern das Leben schwer mache. "Jetzt sind nur noch ein Drittel der Parkplätze kostenfrei. Das tut der Innenstadt nicht gut", sagt Metzen. "Denn seitdem ist hier merklich weniger Laufkundschaft unterwegs."
Es sei noch nicht lange her, da sei die Innenstadt eine blühende Landschaft gewesen, sagt Marvin Jeske, der in seinem Büro in der Innenstadt mit Immobilien handelt. Doch die Eigentümer hätten in letzter Zeit zu wenig in die Immobilien investiert. Besonders die kleinteiligen Zuschnitte der Läden seien nicht mehr zeitgemäß, sagt Jeske. "Heute ist offen, groß, hell und freundlich gefragt. Deshalb sei das Angebot für anspruchsvolle Händler nicht anziehend. Doch den historischen Charme der Altstadt könne man nutzen, sagt Jeske, der sich für Wittlich eine Art Outlet-Innenstadt für Kleidung nach dem Vorbild von Bad-Münstereifel (Kreis Euskirchen) vorstellen kann. "Wir brauchen Angebote, die nicht mit dem Internet konkurrieren", sagt Jeske.
Augenoptikermeister Michael Groth, Vorsitzender des Stadtmarketings, hat Tipps für Ladengründer in der Innenstadt. Seiner Meinung nach gehe ein Geschäftsmodell, das sich allein auf eine Branche spezialisiere, nicht mehr auf. "In der Innenstadt fehlt zum Beispiel ein Spielzeuggeschäft", sagt Groth. Doch davon allein könne ein Händler nicht überleben, weshalb man es beispielsweise in Kombination mit einem Bastelladen betreiben solle. Ganz persönlich vermisst Groth im Zentrum ebenfalls einen gut sortierten Herrenausstatter sowie ein Jagd- und Jagdbekleidungsgeschäft. Groth: "Aber wenn sich nicht schnell etwas an der Parksituation ändert, dann ist die Talsohle bezüglich der Zahl an Leerständen noch nicht erreicht."

Die Kunden: Mit einem Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt gönnt sich die Reinsfelderin Christina Spieß eine kleine Pause während ihrer Weihnachtseinkäufe in der Innenstadt. "Es ist traurig, dass mittlerweile so viele Läden zu gemacht haben", sagt die 62-Jährige. Denn Geschenkartikel, Haushaltswaren und Blumen bekomme man nur noch außerhalb des Zentrums. In der Innenstadt fänden sich jedoch nach wie vor schöne Boutiquen mit Damenmode, erklärt Spieß.
Doch das gelte nicht für junge Mode, sagt Laura Wirtz (17) aus Dreis, die gemeinsam mit ihrer Freundin Anne Wagner (18) aus Bruch im Zentrum zum Shoppen unterwegs ist. "Was hier angeboten wird, ist ziemlich altmodisch. Für junge Leute gibt es hier nur einen Laden." Zudem wünschen sich die Zwei für Wittlich wieder ein Kino sowie eine "Cocktailbar mit Flair".
Neben den Jugendlichen beklagt sich auch die 62-jährige Wittlicherin Ute Barth über zu wenig Auswahl beim Shoppen. "Es müssen ja keine Designer aus Paris sein, aber ein höherwertiges und namhaftes Angebot wäre nicht schlecht", sagt Barth.
Die Wittlicherin Claudia Frank (36), die mit ihrer Tochter Tabea (10) in der Neustraße unterwegs ist, vermisst in der Innenstadt eine "vernünftige Pommesbude" sowie ein "Lebensmittelgeschäft mit humanen Preisen".
Doch damit in die leerstehenden Geschäfte wieder Leben einziehe, müssten auch die Vermieter mitziehen, sagt Ulrike Jakoby (50) aus Salmtal, die durch die Stadt bummelt und selbst in Wittlich einen Tattoo-Laden betreibt. "Wir sind mit unserem Vermieter sehr zufrieden", sagt Jakoby. "Aber die meisten Ladenmieten sind vollkommen überteuert." Dazu seien die Immobilien meist noch in einem schlechten Zustand und hätten keine Doppelverglasung. Jakoby: "Damit neue Händler das Risiko eingehen und die leerstehenden Läden wiederbeleben, müssen erst mal die Mietpreise in der Innenstadt deutlich sinken."

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