Heute für Verschönerungen von gestern zahlen

Wittlich · Die Stadt möchte das 1972 begonnene Kapitel Stadtsanierung möglichst rasch beenden. Als Folge davon müssen die Besitzer von rund 900 Grundstücken in der Innenstadt zahlen. Aufgrund der akuten Bodenwerte können das durchaus mehrere 1000 Euro pro Grundstück sein.

Wittlich. Wer einmal wegen eines Hauskaufs beim Notar gesessen hat, der kennt die Situation: Da ist von Grundstücken, Bankbürgschaften oder Kaufpreisen die Rede. Da werden Klauseln vorgelesen oder etwas über Miteigentumsanteil oder Sondernutzungsrechte gesagt. Und über Grundstücke in Wittlichs Innenstadt wird gesagt, dass sich die Immobilie innerhalb eines Sanierungsgebiets befindet. "Na und", wird sich mancher Käufer gedacht haben, "von Sanierung ist hier nicht viel zu sehen."
Stimmt. Saniert wird seit 1997 nicht mehr. Dafür wurde die Innenstadt zwischen 1972 und 1997 um so mehr verändert. Es entstanden unter anderem der Platz an der Lieser, die Rommelsbach-Parkplätze und die Fußgängerzone in ihrer heutigen Form. Fördermittel gab es auch für zahlreiche private Bauprojekte.
Nun rückt der Zeitpunkt näher, wo den mehr als 900 Grundstücksbesitzern im Sanierungsgebiet die Rechnung für all diese Arbeiten präsentiert wird. Die Stadt hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Angelegenheit nach rund 40 Jahren zu Ende zu bringen. Wer wie viel zahlen muss, wird von der Arbeit von Rainer Thielges und seinen Kollegen vom Gutachterausschuss abhängen, dem unter anderem Finanzbeamte, Immobilienmakler und Fachleute von der Katasterverwaltung angehören. Aufgrund der Voruntersuchungen wissen Thielges und seine Kollegen, wie hoch die Bodenrichtwerte vor der Sanierung waren. Solche Werte geben an, wie viel ein Grundstück innerhalb eines bestimmten Gebiets kosten würde.
Den Bodenrichtwert nach der Sanierung kennen die Gutachter noch nicht. Denn der wird erst ermittelt, wenn die Sanierungssatzung aufgehoben worden ist. Zuvor müssen nach Auskunft von Ulrich Jacoby, Sprecher der Stadtverwaltung Wittlich, noch Bürger, Behörden und Träger öffentlicher Belange gehört werden. Wann die Satzung konkret aufgehoben wird, kann aktuell niemand sagen.
Rainer Thielges geht von zwei Dingen aus: Er glaubt, dass die Grundstücke im Sanierungsgebiet durch die Sanierung an Wert gewonnen haben. Deshalb werde die Stadt wohl versuchen, Ausgleichsbeiträge zu erheben. Außerdem werden seiner Einschätzung nach die Bodenrichtwerte nach Ende der Sanierung ungefähr den Werten entsprechen, die derzeit schon im Internet als Bodenrichtwerte abrufbar sind (siehe Grafik).
Die aktuellen Werte liegen bei 550 Euro pro Quadratmeter in der Burgstraße, in der oberen Neustraße sind es 350 Euro (siehe Grafik). Zahlen müssen die Grundstücksbesitzer den Differenzbetrag zwischen dem aktuellen Bodenwert und dem vor der Sanierung (siehe Extra).
Die Bodenrichtwerte sind im Internet abrufbar unter www.geoportal.rlp.de/Extra

Ausgleichsbeiträge: Laut Internetblog www.ausgleichsbeitraege.org liegen Ausgleichsbeträge in Sanierungsgebieten meist in einer Größenordnung von fünf bis 15 Prozent des Bodenwerts. Bei einem Bodenwert (Anfangswert) von 300 Euro pro Quadratmeter, einer Grundstücksgröße von 500 Quadratmeter und einer sanierungsbedingten Steigerung von zehn Prozent des Grundstückswerts wären dies beispielsweise 1500 Euro. har

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