Heute geht's um die Existenz

LEIPZIG. Optimistisch fuhren Friedmunt und Katrin Sonnemann gestern nach Leipzig. Heute wird dort über die Revision des Verfahrens zur B 50 neu entschieden. Den vorangegangenen Prozess hatte der Bund für Umwelt- und Naturschutzes Deutschland (BUND) für sich entschieden.

In der Hektik zwischen den Snackbuden am Frankfurter Bahnhof wirken Katrin und Friedmunt Sonnemann wie aus einer anderen Welt: Ruhig, aber bestimmt gehen die beiden langhaarigen Ökobauern in alternativer Kleidung zu ihrem Anschlusszug, dem ICE nach Leipzig.Weltanschauungen stoßen aufeinander

Sie sind unterwegs zur Verhandlung über die Bundesstraße 50 neu (zweiter Abschnitt mit Hochmoselübergang) beim Bundesverwaltungsgericht. Begleitet werden sie von BUND-Mitgliedern - allen voran der Landesvorsitzenden Heide Weidemann - sowie Vertretern der AG Eifel-Mosel-Hunsrück in Bewegung. "Ich fahre guten Mutes nach Leipzig", sagt Friedmunt Sonnemann im Zug. Nicht nur die Rechtslage, auch die leeren öffentlichen Kassen sieht er auf Seiten der Straßengegner. Für die Sonnemanns geht es in Leipzig heute um ihre Existenz: Die Felder bei Longkamp, auf denen er ökologische Saatgutvermehrung betreibt, liegen teilweise nur 200 Meter von der geplanten Trasse entfernt. Kommt die Straße, müssen die Sonnemanns einpacken. Der Schadstoffeintrag mache seine Arbeit dann unmöglich, so der alternative Landwirt. Und nicht nur das. Die Straße würde die Familie mit zwei Kindern auch aus ihrem Haus vertreiben. Noch leben die Sonnemanns in einem selbst gebauten Lehmhaus bei Longkamp im Wald. Ohne fließendes Wasser, ohne Strom. Etwa 500 Meter von der Trassenführung entfernt. Sonnemanns Klage gegen die B50 neu hatte das Oberverwaltungsgericht abgelehnt. Doch die Straße wirft nicht nur rechtliche Fragen auf, hier stoßen verschiedene Weltanschauungen aufeinander. Unternehmer und viele Politiker sagen, dass die Straße, die Teil der Achse Belgien/Frankfurt ist, unabdingbar für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft sei. "Die Straße ist eine Verzweiflungstat", sagt hingegen Sonnemann. Wie immer formuliert er seine Worte wohl überlegt und schaut dabei im Zug umher. "Unser Wirtschaftssystem ist am Zusammenbrechen. Statt Autobahnen zu bauen, sollte unsere Regierung überlegen: Wie viel Verkehr braucht der Mensch?" Produzieren und verkaufen vor Ort, ordentliche Rahmenbedingungen für die Arbeit, die die Menschheit wirklich braucht, wie beispielsweise die Landwirtschaft, das sind Sonnemanns Thesen. Die Natur scheint diesem bärtigen Menschen über alles zu gehen. Denn obwohl er zum ersten Mal nach Leipzig kommt, meint er bei der Ankunft am Bahnhof: "Die Stadt interessiert mich nicht, ich treffe mich mit einer Bekannten." Der Rest der Truppe, inklusive Katrin Sonnemann, schaute sich hingegen in Leipzig um und wird nach einer Nacht in der Jugendherberge die heutige Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht mit Spannung verfolgen. Über die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht lesen Sie einen ausführlichen Bericht in der Freitagsausgabe.

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