Hickhack um Kommunalreform geht weiter

Wittlich/Manderscheid · Der Ministerrat des Landes hat einer Fusion der beiden Verbandsgemeinden Manderscheid und Wittlich-Land zugestimmt. Das haben die Bürgermeister der beiden Gemeinden aus dem Volksfreund erfahren. Der Ärger ist groß.

Wittlich/Manderscheid. Die Verwaltungsreform, bei der bestimmte Verbandsgemeinden zusammengelegt werden sollen, ist seit Monaten ein beherrschendes Thema im Landkreis. Unter anderem ist geplant, die Verbandsgemeinden Wittlich-Land und Manderscheid zu fusionieren. Das soll per Landesgesetz geschehen, denn das Land will Geld sparen. Die beiden Verbandsgemeinden sind jedoch in ihrer Ausrichtung unterschiedlich.

Die regionalen Unterschiede:
Während Wittlich-Land aufgrund seiner guten Anbindung ans Verkehrsnetz auf Wirtschaft setzt, spielt in Manderscheid mit seinen Erholungsgebieten und Naturparks der Tourismus eine entscheidende Rolle. Noch ist kein Gesetz verabschiedet, aber der Ministerrat des Landes hat diesen Fusionsplan vor zwei Tagen durchgewinkt. Das haben die beiden Bürgermeister der VGs erst durch die Presse erfahren.

Der Plan des Innenministers:
Innenminister Roger Lewentz erläuterte, dass die vom Ministerrat verabschiedeten Gesetzentwürfe voraussichtlich noch in dieser Woche den betroffenen Kommunen sowie den kommunalen Spitzenverbänden zur Stellungnahme zugeleitet würden. Diese hätten dann bis zum 20. August Zeit, sich zu äußern. Im Lichte dieser Stellungnahmen würden die Gesetzentwürfe gegebenenfalls noch einmal überarbeitet, erneut im Kabinett beraten und dann in den Landtag eingebracht. "Wir liegen gut im Zeitplan, so dass sich der Landtag wohl wie vorgesehen ab September oder Oktober mit den Gebietsänderungen auseinandersetzen kann", sagte der Minister.

Ärger und Verblüffung:
Wolfgang Schmitz, VG-Bürgermeister in Manderscheid, erklärt dem TV gegenüber, dass die beteiligten Bürgermeister sich seit vielen Wochen erfolglos um ein Gespräch mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer bemühten. Schmitz: " Ein solcher Umgangsstil spricht eigentlich für sich. Auch die Tatsache, dass die betroffenen VGs die Vorgehensweise wieder einmal aus der Presse erfahren, muss nicht weiter kommentiert werden." Mit diesem Vorgehen würden diejenigen bestraft, die nachweislich verantwortungsvolle Kommunal- und Haushaltspolitik praktiziert hätten. Schmitz mahnt an, dass bei einer Fusion auch die landschaftlichen Besonderheiten und speziellen Herausforderungen beachtet werden müssten, anstadt bloß die Einwohner zu zählen. Schmitz fragt: "Braucht man vor den nächsten Wahlen (vor allem vor der Kommunalwahl 2014) nur noch einige wenige Bauernopfer, damit man bei dieser wirklich misslungenen Reform nicht ganz sein Gesicht verliert?"
Christoph Holkenbrink, Bürgermeister der VG Wittlich-Land, stellt dem TV gegenüber resigniert fest: "In der Pressemitteilung steht nicht viel drin. Ich weiß nun auch nicht mehr als vorher. Ich muss wissen, wie der Gesetzesentwurf aussieht. Schau\'n wir mal."

Wie die Fusion abläuft:
Christoph Gehring, Pressesprecher des Innenministers, erklärt dem TV auf Anfrage den Gesetzentwurf: "Da die VG Manderscheid in die VG Wittlich-Land eingegliedert wird, führt auch die neue, vergrößerte VG den Namen Wittlich-Land. Der Sitz der Verwaltung ist Wittlich." Wie die VG Wittlich-Land (neu) ihre Verwaltung organisiere, ob sie gegebenenfalls eine Außenstelle in Manderscheid halten werde, könne das Gesetz nicht regeln, weil es ein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung wäre. Das müssen die ehemaligen VGs offenbar unter sich regeln.

Was mit den Finanzen geschieht:
In Bezug auf die VG-Umlage setze der Entwurf ebenfalls nur einen Rahmen, den auszufüllen Aufgabe der VG Wittlich-Land (neu) sein werde, so Gehring weiter. Diese VG werde ermächtigt, bis 1. Juli 2014 (längstens bis 31. Dezember 2024) von den Ortsgemeinden der früheren VG Manderscheid eine jährliche Sonderumlage in Höhe von bis zu fünf Prozent der Beträge zu erheben, die diesen Ortsgemeinden dann zufließen.
Die VG Wittlich-Land (neu) könne frei entscheiden, ob sie eine solche Sonderumlage tatsächlich erhebt und in welcher Höhe sie sie erhebt.
Die Schulden der einzugliedernden VG Manderscheid würden auf die VG Wittlich-Land (neu) übergehen, die diese wiederum durch die Sonderumlage ausgleichen könne.
Und was sagt die Ministerpräsidentin dazu?
Die Ministerpräsidentin hat den Gesprächsangeboten der VG-Bürgermeister nach deren Auskunft bislang noch nicht geantwortet. Sie äußerte sich aber in der vergangenen Woche vor Journalisten mehrerer rheinland-pfälzischer Tageszeitungen zum Thema und stellte zur Gebietsreform klar: "Es gibt noch keine Festlegungen. Es ist ein offener Prozess, der bis 2019 gestaltet werden soll, auch in Zusammenarbeit mit der Opposition."Meinung

Der Scherbenhaufen wird immer größer
Das Ansinnen ist löblich, die Durchführung eine Kette von Pannen. Grundsätzlich ist eine Verwaltungsreform sinnvoll, um die politische Ordnung sich ändernden Bedingungen anzupassen. Dabei spielt auch der oft zitierte "demografische Wandel", im Klartext die Überalterung der Gesellschaft, eine große Rolle. Dass dabei Verbandsgemeinden zusammengelegt werden müssen, ist verständlich. Solche Pläne sind im Übrigen nicht neu: 1973 schlugen Experten in einem Gutachten sogar die Zusammenlegung von Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland zum neuen Bundesland "Mittelwest" vor. Der Vollzug der aktuellen Kommunalreform in Rheinland-Pfalz und deren Kommunikation hingegen ist stark verbesserungswürdig. Es kann nicht angehen, dass die betroffenen Verbandsgemeindebürgermeister erst spät informiert werden. Es kann auch nicht angehen, dass einerseits der Ministerrat schon fertige Fahrpläne vorlegt, während die Ministerpräsidentin von einem offenen Prozess bis 2019 spricht. Mit solch einem Verhalten werden Politiker öffentlich brüskiert, die sich seit vielen Jahren für ihre Gemeinden einsetzen. In Mainz weiß offenbar die linke Hand nicht, was die rechte tut. Der Scherbenhaufen wird immer größer. hp.linz@volksfreund.de

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