Wissenschaft Hier lernen Professoren und Studenten alles über soziale Verantwortung

Bernkastel-Kues · Die Cusanus Hochschule Bernkastel-Kues setzt mit Jahresempfang und prominentem Gastredner besondere Akzente.

 Die Absolventen der Cusanus Hochschule mit der Hochschulleitung und dem Festredner Ernst Ulrich von Weizsäcker (links).

Die Absolventen der Cusanus Hochschule mit der Hochschulleitung und dem Festredner Ernst Ulrich von Weizsäcker (links).

Foto: Beckmann

Eine  Anekdote vorweg: Als die Cusanus Hochschule in Bernkastel-Kues erstmals  in Berichten des Trierischen Volksfreundes auftauchte, schrieb ein Leser mehrfach, dass die beiden Worte mit einem Bindestrich geschrieben werden. So wird sie aber nicht geschrieben. Der Leser hat es wohl auch gemerkt. So richtig in Erscheinung getreten ist die Hochschule erstmals im Herbst 2015, als die ersten Masterstudenten ihr Studium aufnahmen. Angefangen hat alles aber am 12. Februar 2014 mit der Unterzeichnung der Stiftungsurkunde. Dieses Datum war ganz bewusst gewählt. Am 12. Februar 1440 hatte Nikolaus Cusanus, Namensgeber der Hochschule, in Kues eine seiner bekanntesten Schriften abgeschlossen: De docta ignorantia — Über die belehrte Unwissenheit. Sie ist noch heute — vielleicht sogar gerade heute — aktuell.

Immer um diesen geschichtsträchtigen Tag herum will die Hochschule in Zukunft zum Jahresempfang einladen, kündigt Professorin Dr. Silja Graupe, die kommissarische Präsidentin, an. Dabei sollen unter anderem die Absolventen in feierlichem Rahmen verabschiedet werden.

Die Hochschule mit den Fachrichtungen Ökonomie und Philosophie hat sich etabliert. Sie wird quantitativ nie richtig groß sein. Mehr als 250 Studenten sollen es nicht werden. Gut 100 sind es derzeit. Sieben Professoren und mehr als 20 weitere Mitarbeiter stehen ihnen partnerschaftlich zur Seite.

Qualitativ hat sich die Hochschule bereits einen richtig guten Ruf erworben. Dass mit Professor Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker ein Naturwissenschaftler ersten Ranges die Festrede beim Jahresempfang im Kloster Machern hält, beweist das. Der Neffe des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker  ist unter anderem Ko-Präsident des Club of Rome, einem Zusammenschluss von Experten verschiedenster Disziplinen aus mehr als 30 Ländern. Die Organisation setzt sich für eine nachhaltige Zukunft der Menschheit ein.

Seine Wertschätzung für die Cusanus Hochschule drückt er gleich zu Beginn seiner einstündigen Rede aus. „Es ist eine Riesenehre für mich hier zu sein“, sagt er. Er sei sehr beeindruckt, wie hier die Ökonomie und Philosophie kombiniert werden. Und: Er sei froh, dass sich die Hochschule den großen Themenkomplexen Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung stellt.

Seine Rede ist vor allem eine schonungslose Abrechnung mit der Menschheit. Einige Sätze daraus: „Die Finanzmärkte beherrschen die Welt. Sie haben das Ruder übernommen. Die Regierenden sind machtlos dagegen. Die Menschheit verfolgt ein Selbstmordprogramm. Die übervolle Welt ist vom Kollaps bedroht. Wir zerstören die Natur. Es ist eine Katastrophe, dass immer der Schnellste gewinnt.“ Seine Forderung: „Wir brauchen eine philosophische Neuausrichtung für die gesamte Welt.“ Die beiden Master-Absolventen Johanna Hueck (Philosophie) und Florian Rommel (Ökönomie) haben sich mit von Weizsäckers Aussagen beschäftigt. „Wir müssen innehalten und uns besinnen. Wir brauchen mehr philosophische Bildung“, fordert Hueck. „Mit einem ganz normalen Lebensstil braucht die Menschheit fünf Planeten. Man muss aber die Ohnmacht annehmen, um aktiv zu werden“, sagt Rommel.

Silja Graupe, Harald Schwaetzer, Leiter des Instituts für Philosophie, und Kanzler Frank Vierheilig ehren sechs Absolventen. Dem Trio ist anzumerken, wie groß offenbar das Gemeinschaftsgefühl an der Hochschule ist. „Wenn einer was gelernt hat, dann waren wir es“, sagt Graupe in Richtung der Absolventen.

Florian Rommel stammt aus dem thüringischen Gera, lebte zehn Jahre in  Braunschweig und absolvierte sein Grundstudium in Bayreuth. Das sind alles keine Metropolen. Aber warum Bernkastel-Kues? „Das ist ein großartiger Ort zum Denken“, sagt er. „Hier kann man eigene Maßstäbe entwickeln.“

An anderen Hochschulen gehe es vor allem darum, etwas „auswendig zu lernen“. .Ziel in Bernkastel-Kues ist es unter anderem, den Studierenden soziale Verantwortung zu vermitteln. Florian Rommel wird als Mitarbeiter an der Cusanus Hochschule bleiben — und daneben seine Doktorarbeit schreiben.

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