"Hier stand ein Schloss!"

WITTLICH. Was misst 17 mal 55 Meter? Was ist mit dem Schloss, das Platz, Berg und Straße in Wittlich seinen Namen gab? Patrick Bourassin könnte dazu "Romane" erzählen. Aber dem Historiker reichen die Geschichten über die Geschichte nicht. Er wünscht sich Geschichte zum Anfassen, ein paar Fakten, die er jetzt endlich schaffen kann: Die Kennzeichnung des Schloss-Umrisses.

Unter dem Pflaster liegt der Strand - eine Parole aus Frankreich. Auf Wittlich umgemünzt könnte sie lauten: Unterm Pflaster liegt ein Schloss - also fast. Einer jedenfalls kennt sich mit den Geheimnissen des Pflasters am Schlossplatz bestens aus. Vielleicht sogar besser als Schlossherr Kurfürst von Walderdorff anno 1756, wer weiß. So ruft der Kenner denn auch 250 Jahre später: "Madame, hier stand ein Schloss!" Ganz verdutzt ist "Madame", die gerade aus ihrem Auto steigt. Sie parkt am Schloßplatz. Vor ihr steht Patrick Bourassin. Er will Schloss Philippsfreude wieder aufbauen. Und er lässt nicht locker. Eins hat er nun erreicht: Die exakten Umrisse von Schloss Philippsfreude, das wiederum nicht ohne den Vorgängerbau Burg Ottenstein betrachtet werden kann, werden markiert. Knallrosa gekennzeichtete Vermessungspunkte sind schon in Asphalt und Pflaster getrieben. Denn wenn schon, denn schon: Genau soll sie sein, die einzige Spur, die in kurfürstliche Zeiten zurück entführt, wenn auch nur gedanklich. Immerhin ist sie offiziell "abgesegnet". Der Kulturausschuss hat die Maßnahme gebilligt. "Nur einen Hauch kann ich wieder zurück bringen", sagt Patrick Bourassin und hebt den Arm in Richtung Alter Bahnhof: "Der Kurfürst hat so geguckt. Das war die Gartenseite. Sein Garten war so groß, der ging bis zur Realschule." "Madame" übrigens findet die "alten Neuigkeiten" um Wittlichs verschwundenes Schloss fesselnd: "Wenn das mit der Kennzeichnung anschaulich gemacht wird, finde ich das sehr interessant, um die Entwicklung heute noch verfolgen zu können. Eine Linie allein reicht aber nicht. Wichtig sind auch Bilder, eine Schautafel." Die Sympathisantin kommt aus Salmtal, und ihre Solidarität begeistert den "Wittlicher Franzosen". Er hätte ja auch gern mehr als eine Linie: "Meine Idee ist, die Krone der Stadt wieder lebendig zu machen. Stellen Sie sich vor, 20 Meter hoch stand hier ein prächtiger Bau, etwas Schönes, das man weithin sehen konnte. Was heute das Krankenhaus ist, war früher das Schloss. Heute, das ist graue Banalität", sagt Patrick Bourassin. Für die ergänzende Schautafel habe er schon Sponsoren gefunden, leider, leider niemanden, der das Schloss wieder aufbaut. "Aber ich habe etwas bewegt. Ich drehe die Uhr um genau 200 Jahre zurück", freut er sich, dass er zumindest einen Schritt Richtung Vergangenheit voran gekommen ist: "1806 hat der Bürgermeister beschlossen, Burg und Schloss zu zerstören. Natürlich würde ich auch gerne was in die Höhe entstehen lassen, wenigstens einen Turm! Ich will den Ministerpräsidenten treffen, vielleicht hilft er." Da trifft er einen Bekannten, Professor Reinhold Bohlen vom Emil Frank Institut. Was er vom Projekt hält? Der Herr lacht: "Ich habe nix dagegen. Aber ich bin realistisch. Wo wollen Sie das Geld hernehmen?" Als er dann aber anmerkt, "was eine Bürgerinitiative bewegen kann, sieht man an der Frauenkirche Dresden oder am Beispiel Römische Villa" - da strahlt Patrick Bourassin. Er meint: "Ich brauche, wenn Gott es will, eigentlich zehn Leben. Aber ich kann die Geschichte aufgrund meines Wissens ein bisschen zurückdrehen." Zufrieden steigt er auf sein Fahrrad und fährt davon. Am heutigen Samstag, vorausgesetzt das Wetter spielt mit, ist er wieder da, am Schlossplatz. Das Fernsehen vielleicht auch. Am heutigen Samstag wird um 6 Uhr entschieden, ob die Maler um 7 Uhr anfangen können. Die Firma hofft, in drei Stunden fertig zu sein. Ist es in der Früh zu feucht, wird tagsüber entschieden, ob bei stabiler Wetterlage doch noch gemalt werden kann. Sonst muss die Markierung auf den folgenden Samstag verschoben werden.

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