Hitler auf der Tagesordnung

Wittlich/Bernkastel · Zu den vielen Städten in Deutschland, in denen Adolf Hitler nach seiner Machtübernahme 1933 im Rausch der Begeisterung zum Ehrenbürger ernannt wurde, zählt auch Bernkastel-Kues. Während man dort heute gar nicht mehr weiß, ob diese Ehrenbürgerschaft im Nachhinein wieder aberkannt wurde, hat man es in Wittlich erst gar nicht so weit kommen lassen.

 Matthias Joseph Mehs wurde 1966 zum Ehrenbürger der Stadt Wittlich ernannt. Ihm ist es auch zu verdanken, dass Adolf Hitler diese Ehrenbürgerrechte nicht verliehen bekam. TV-Foto: Uwe Hentschel

Matthias Joseph Mehs wurde 1966 zum Ehrenbürger der Stadt Wittlich ernannt. Ihm ist es auch zu verdanken, dass Adolf Hitler diese Ehrenbürgerrechte nicht verliehen bekam. TV-Foto: Uwe Hentschel

Wittlich/Bernkastel. Vier Ehrenbürger hat die Stadt Wittlich in ihrer Chronik aufzuweisen. Es hätten auch fünf sein können, wenn nicht Matthias Joseph Mehs, 1966 zum Ehrenbürger der Säubrennerstadt ernannt, eine listige Hinhaltetaktik angewandt hätte. 1933 stellte die NSDAP nämlich in der Wittlicher Stadtverordnetenversammlung den Antrag, den frisch ernannten Reichskanzler Hitler zum insgesamt zweiten Ehrenbürger der Stadt zu machen. Das war nicht ungewöhnlich und wurde zur damaligen Zeit deutschlandweit in geschätzten 4000 Gemeinden so praktiziert.
Der Unterschied zu den meisten anderen Städten ist allerdings der, dass es in Wittlich bei diesem Antrag geblieben ist. Denn Mehs, der damals selbst Stadtverordneter und nach dem Krieg auch ehrenamtlicher Bürgermeister sowie Mitglied des ersten Bundestags war, schlug als Fraktionsvorsitzender der Zentrumspartei die Einsetzung eines Ausschusses vor. Dieser sollte Hitlers Verdienste für die Stadt Wittlich untersuchen.Änderung der Straßennamen



Zu diesem Ausschuss gehörten auch Mitglieder der NSDAP, die jedoch an den Ausschusssitzungen nicht teilnahmen. Was dazu führte, dass der Ausschuss im Sande verlief und deshalb in der Stadtverordnetenversammlung auch nie abschließend über die Ehrenbürgerschaft verhandelt wurde. Die Dummheit in den eigenen Reihen hat dem "Führer" in Wittlich also Platz zwei in der Ehrenbürgerliste gekostet. Wobei Wittlich im Kreis Bernkastel-Wittlich im Übrigen nicht die einzige Gemeinde ist, in der Hitler verewigt werden sollte. So hat sich seinerzeit auch der Rat in Bernkastel-Kues mit Hitler beschäftigt und diesem genau wie Reichspräsident Paul von Hindenburg, 1933 nicht nur die Ehrenbürgerrechte verliehen, sondern zudem auch noch einige Straßennamen geändert. Aus dem Wehlener Weg wurde die Hindenburgstraße, aus der Hinterstraße die Adolf-Hitler-Straße, aus der Straße 19 die Göringstraße und der Bereich Auf der Lehm wurde zum Adolf-Hitler-Platz. Und wo man schon dabei war, wurde im gleichen Jahr auch noch die neue Hermann-Göring-Brücke eingeweiht.
Letztere wurde 1945, zum Ende des Zweiten Weltkriegs, allerdings von deutschen Truppen wieder gesprengt. Und auch die Straßennamen wurden in der Nachkriegszeit erneut geändert. Unklar ist allerdings, ob Hitlers Ehrenbürgerschaft im Nachhinein wieder aberkannt wurde. In der Chronik der Stadt findet sich zumindest kein Hinweis darauf, dass sie entzogen wurde. Zwar erlischt dieser Titel automatisch mit dem Tod des Würdenträgers, doch haben sich viele Gemeinden postum symbolisch von dem Beschluss der damaligen Räte distanziert (siehe Extra).
"Wenn wir irgendwo einen Anhaltspunkt finden, dass Hitlers Ehrenbürgerschaft nie aberkannt wurde, dann werden wir das natürlich nachholen", sagt der Bernkastel-Kueser Stadtbürgermeister Wolfgang Port, der auf TV-Anfrage Nachforschungen angestellt hat. Bislang jedoch ohne Erfolg. In den Unterlagen, die sich bis 1965 zurückverfolgen ließen, gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Stadtrat die Ehrenbürgerrechte aberkannt habe, sagt Port. Möglicherweise aber sei der Titel bereits schon vorher entzogen worden. Ganz unwahrscheinlich ist das nicht. Schließlich muss ja auch irgendwann die erneute Änderung der Straßennamen auf der Tagesordnung gestanden haben.Extra

Neben Bernkastel-Kues gibt es in der Region Trier einige weitere Gemeinden, in denen Hitler die Ehrenbürgerrechte verliehen bekam. Dazu zählen beispielsweise Trier, Hermeskeil, Prüm und Saarburg. Einige Städte wie Trier und zuletzt auch Speicher haben zwischenzeitlich die Ehrenbürgerrechte wieder aberkannt (der TV berichtete) und sich damit symbolisch von den Ratsbeschlüssen aus dem Jahr 1933 distanziert. Im Prüm hingegen wurde darauf bislang verzichtet. Da das Ehrenbürgerrecht offiziell ohnehin mit dem Tod des Würdenträgers endet, sieht man dort nicht die Notwendigkeit für einen solchen Symbolakt. uhe

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