Hochmoselübergang: Der Kampf des Einsiedlers

Longkamp · Friedmunt Sonnemann wohnt in einer Lehmhütte bei Longkamp. Ohne Strom, ohne fließendes Wasser. Seit Jahren kämpft der Einsiedler gegen den Bau des Hochmoselübergangs. Dabei will er eigentlich nur seine Ruhe haben.

 Einsamer Protest: Friedmunt Sonnemann vor einem Pfeiler der neuen Hochmoselbrücke

Einsamer Protest: Friedmunt Sonnemann vor einem Pfeiler der neuen Hochmoselbrücke

Foto: Sebastian Gubernator

Nach der Asphaltstraße und dem Schotterweg, nach den Wiesen und Maisfeldern und Laubbäumen, nach dem Gefühl, das Ende der Welt erreicht zu haben, kommt die Königsfarm: eine Handvoll Lehmhütten, ein Gewächshaus, mehrere Gärten. Sie liegt im Wald, zweieinhalb Kilometer sind es bis Bernkastel-Kues , vier bis Longkamp, aber es kommt einem viel abgelegener vor. Abgeschnitten von der Zivilisation. Kein elektrischer Strom, keine Wasserleitung. Friedmunt Sonnemann lebt hier seit 23 Jahren. Er kämpft, sagt er, um seine Existenz.

Sonnemann sitzt auf einem Holzblock im Gras, ein hagerer Mann mit langen Haaren und langem Bart. Vor einigen Jahren hat er gegen die "B50 Neu" geklagt, erfolglos. Der Neubau der Bundesstraße 50 soll von Wittlich in den Hunsrück führen, mit dem Herzstück über Zeltingen-Rachtig: der Hochmoselbrücke. Wenn es nach Plan läuft, ist die Strecke 2016 fertig. Und verläuft 400 Meter von seinem kleinen Bauernhof, der Königsfarm, entfernt. Wie geht es Ihnen, Herr Sonnemann?Kein fester Untergrund


"Was die Zukunft angeht, bin ich optimistisch." Sonnemann glaubt nicht, dass der Hochmoselübergang gebaut wird. An den entscheidenden Stellen gäbe es keinen festen Untergrund, nur loses Geröll. Die Brücke würde einfach einstürzen. Und überhaupt, die Kosten: "Früher oder später wird sich die Bevölkerung entscheiden müssen, ob sie duldet, dass ihre Steuergelder in solche Milliardengräber fließen."

Der kleine Sonnemann gegen die große Landesregierung. Den Kampf will er nicht aufgeben, obwohl die ersten Betonklötze für die Trasse schon längst in die Landschaft gesetzt wurden. Sonnemann spricht über sein Leben und seine Zukunft. Über die Grünen, die gegen den Hochmoselübergang waren und jetzt selbst in der Regierung sitzen: "Das ist unglaublich."

Nach einer Stunde zieht er eine winzige Armbanduhr hervor. Auch ein Einsiedler muss die Zeit im Blick haben. Es ist schon fast halb vier, das Workcamp muss weitergehen: Neun junge Menschen aus aller Welt sind in dieser Woche auf der Königsfarm, Spanier, Taiwanesen, Deutsche, sie wollen einmal das Leben in Wald und Natur am eigenen Leib erfahren.

Sonnemann züchtet seltene Kulturpflanzen und verkauft sie. Die Teilnehmer des Workcamps helfen ihm. "Nehmt euch ein paar Werkzeuge", sagt Sonnemann und geht voran, barfuß, Schuhe trägt er nur im Winter. Trotzdem bewegt er sich leichtfüßig über Gras und Waldboden. Friedmunt Sonnemann ist ein Teil der Natur, das ist keine Floskel, sondern Wirklichkeit. Die Betonklötze, die hier vielleicht Lebensräume zerstören, tun ihm physisch weh.
Sonnemann erreicht mit seiner Gruppe ein Gartenbeet, in dem Pflanzen wachsen, die kaum jemand kennt. Dort sieht man zum Beispiel Maca-Pflanzen, Topinamburen aber auch Hunsrücker Stangenbohnen. Sonnemann will die genetische Vielfalt erhalten. Er spricht von Konzernen, die Patente auf Pflanzen anmelden und der Menschheit diktieren, was sie anzubauen hat. Der kleine Sonnemann gegen die großen Konzerne.

Eigentlich, sagt Sonnemann, möchte er nur auf seinem Hof leben und sich um seine Sachen kümmern. Aber die Welt da draußen zwingt ihm einen Kampf auf. Immer wieder.

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