Hochspannung im Hochwald: Millionen Euro für Stromtrasse

Naurath/Gielert · Um Windenergie-Strom vom Hunsrück ins europaweite Netz zu transportieren, will das Unternehmen RWE eine 18 Kilometer lange Hochspannungsleitung von Thalfang nach Osburg bauen. Ein genauer Trassenverlauf für das Millionenprojekt steht noch nicht fest. In einigen Ortsgemeinden regt sich aber schon Protest.

Naurath/Gielert. Erneuerbare Energien sind landesweit auf dem Vormarsch. Um den von Windrädern produzierten Strom in die Netze einspeisen zu können, sind jedoch vielerorts neue Leitungen nötig. Deshalb plant der Energieversorger RWE Deutschland derzeit eine neue Stromtrasse im Hochwald. Auf 18 Kilometern Länge soll die 110-Kilovolt-Hochspannungsleitung von Gielert bis zum Umspannwerk bei Osburg (VG Ruwer) führen.
Die Pläne begründet RWE-Sprecher David Kryszons mit einem "signifikanten Zuwachs" erneuerbarer Energien im westlichen Hunsrück bei Thalfang, Morbach und Sohren (Rhein-Hunsrück-Kreis). Momentan bringt eine Leitung den Strom aus der Windenergie von Morbach zum Netzkuppelpunkt bei Wittlich-Wengerohr, wo mehrere Netze miteinander verbunden werden. Die Kapazität der Leitung wird aber laut RWE voraussichtlich ab 2015 nicht mehr ausreichen - deshalb ist die neue Trasse nach Osburg notwendig. Dort besteht seit 2010 ein Anknüpfungspunkt an das 380-Kilovolt-Netz der RWE-Tochter Amprion, die überschüssigen Strom weitertransportiert, etwa ins europäische Ausland.
Noch völlig offen ist der Verlauf der neuen Stromtrasse. Laut RWE stimmt das Unternehmen derzeit mit den betroffenen Ortsgemeinden und Forstämtern mögliche Varianten ab. Es gab bereits mehrere Treffen. Die kommunale Federführung hat Bernhard Busch, Bürgermeister der VG Ruwer, übernommen. Er betont: "Wir sind noch sehr früh im Planungsprozess." Dennoch forderten schon jetzt alle Ortsgemeinden eine unterirdisch verlegte Trasse.
Zu deren Verlauf gibt es mehrere Vorschläge. Bei der südlichsten Trasse würden die Leitungen bei Beuren (VG Hermeskeil) und dann durch ein geschlossenes Waldgebiet verlegt. "Dagegen hätten wir große Bedenken", sagt Michael Hülpes, Bürgermeister der VG Hermeskeil. "Dort müsste man für eine Freilandleitung eine Schneise mitten durch den Wald schlagen."
Eine weiter nördlich gelegene Trasse könnte weitgehend durch vorhandene Schneisen von Naurath/Wald über Lorscheid und zwischen Herl und Farschweiler hindurch nach Osburg führen. Nauraths Ortsbürgermeister Werner Weber sagt jedoch klipp und klar: "Wir haben einen eindeutigen Ratsbeschluss und fordern vom RWE, dass das Kabel für die vorgesehene Trasse im Bereich der Ortsgemeinde in die Erde gelegt wird." Eine Freilandleitung würde zu nah am Dorf - etwa 300 Meter - vorbeiführen und die gesamte Gemarkung Naurath durchqueren. Eine teilweise Erdverkabelung fordert auch die Ortsgemeinde Thalfang. Eine Freileitung sei im Hinblick auf den Fremdenverkehr und die Naherholung im Hardtwald störend, sagt Ortsbürgermeister Burkhard Graul. Insgesamt sehe der Ortsgemeinderat aber die Notwendigkeit der Trasse.
Erdkabel viermal so teuer


Der Ruwerer VG-Chef Busch hat RWE nun gebeten, eine unterirdische Lösung in Teilabschnitten zu prüfen. Aus "technischer Sicht" sei dies möglich, erklärt RWE-Sprecher Kryszons. Allerdings gebe es zwischen den Kosten für eine Freileitung, Erdkabel oder die geforderte Teilverkabelung "deutliche Unterschiede". Ein Kostenrahmen zwischen 16 (Freileitung) und 65 Millionen Euro (komplette Erdverkabelung) sei "realistisch".
Für die teure unterirdische Variante spreche, dass später keine Masten und Leiterseile sichtbar seien. Allerdings dürfe oberhalb der Kabel nicht gebaut und nichts gepflanzt werden. Zudem sei der Anschluss weiterer Windräder aufwendiger, weil das Kabel dazu ausgegraben werden müsse. Alle diese Fragen müssen nun im Planungs- und Genehmigungsverfahren (siehe Extra) geklärt werden. Laut RWE ist ein Baubeginn frühestens 2018 denkbar.
Nach Auffassung von Hermeskeils VG-Chef Hülpes muss zwar über Streckenführung und Art der geplanten RWE-Stromtrasse diskutiert werden. Das Projekt als solches bezeichnet er aber als "sinnvoll. Es geht ja darum, im Netzverband eine Lücke zu schließen und dafür zu sorgen, dass der regenerativ erzeugte Strom in der Großregion Trier optimal verteilt wird", betont der CDU-Politker.
So sieht es auch Udo Keuper von der VG-Verwaltung Thalfang. Die Trasse sei nötig, damit der Strom aus Windkraft überhaupt genutzt werden könne. Nun müsse aber zunächst die optimale Streckenführung gefunden werden. Zustimmung zum Projekt kommt auch aus Gielert. Im Gemeinderat ist die Leitung laut Ortsbürgermeister Gustav Pfeiffer bereits angesprochen worden und es "waren alle dafür". In Burtscheid steht das Thema am Donnerstag auf der Tagesordnung. Die Trasse sei nötig, aber es seien einige Gemeinden, bei denen sie eng vorbeiführen könnte, die nicht erbaut seien, sagt Ortsbürgermeister Olaf Hannemann. "Wir müssen nun schauen, wie wir eine verträgliche Lösung finden."
Extra

Für die neue Stromtrasse vom Hunsrück nach Osburg ist zunächst ein Raumordnungsverfahren nötig. Zuständige Behörde ist die Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) Nord in Koblenz. In dem Verfahren wird die grobe Trassenführung festgelegt. Landesplaner stellen zudem fest, ob das Vorhaben den übergeordneten Zielen der Raumordnung entspricht. Außerdem prüfen die Experten technische und räumliche Alternativen. Denn die Stromtrasse sollte möglichst geringe Auswirkungen auf Menschen, Natur und Umwelt haben. Im darauffolgenden Planfeststellungsverfahren wird die Trasse im Detail geplant, und es werden die Kosten ermittelt. Die Pläne werden dann in den betroffenen Gemeinden öffentlich ausgelegt. Fachbehörden, Privatleute, Verbände oder Vereine können dann ihre Bedenken äußern. Sind alle rechtlichen Anforderungen eingehalten, endet das Verfahren mit einem Planfeststellungsbeschluss. cweb

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