Hohe Sozialausgaben: Kreis räumt bei sich auf
Der Kreis Bernkastel-Wittlich ist Spitzenreiter im Land - bei den Ausgaben, insbesondere bei den Ausgaben für Hilfen zur Erziehung. Neben äußeren Faktoren sieht die Verwaltung eine zeitweilige Überlastung der Mitarbeiter in diesem Bereich als Grund für die hohen Kosten an. Gegen dieses Problem ist sie vorgegangen.
Wittlich. Durch die Resolution der Gemeinde Klausen, die den Kreis Bernkastel-Wittlich aufgefordert hat, seine im Landesvergleich sehr hohen Ausgaben, insbesondere für Jugend und Soziales zu erklären, kam es ans Licht (der TV berichtete). Mit Aufwendungen inklusive Zuschüssen von rund 1242 Euro pro Kopf belegt der Kreis hinter dem Vulkaneifelkreis Platz zwei der 24 rheinland-pfälzischen Landkreise. Für Hilfen zur Erziehung gibt der Kreis im Vergleich sogar am meisten aus (siehe Extra).
Wie kommt das? Der TV hat bei der Kreisverwaltung nachgehakt. Ein Großteil der Kreisausgaben, nämlich 43 Millionen Euro, fließen laut Pressesprecher Alfons Kuhnen in die soziale Sicherung, die zu den Pflichtaufgaben gehört.
Als Sorgenkind haben sich in diesem Bereich die "Hilfen zur Erziehung" mit Ausgaben von rund zehn Millionen Euro her auskristallisiert. In den vergangenen zehn Jahren sind dort die Fallzahlen laut Kuhnen "schier explodiert". Die Gründe, die außerhalb und innerhalb der Kreisverwaltung zu suchen sind, sind mannigfach, und nach Experten-Ansicht ist keiner für sich genommen signifikant. An äußeren Faktoren nennt Kuhnen den billigen Wohnraum in mehreren Gemeinden, der teilweise Menschen anziehe, die Unterstützung brauchen. Auch Einrichtungen wie das größte Gefängnis im Land oder die Jugendhilfeeinrichtungen hätten einen solchen Effekt. Ehemalige Bewohner dieser Einrichtungen seien öfter auf Hilfe angewiesen.
An diesen Faktoren kann die Verwaltung nichts ändern, an den eigenen Strukturen schon. Nachdem ein Vergleich der Jugendämter ergeben hatte, dass der Kreis Bernkastel-Wittlich besonders viel für die Hilfen zur Erziehung ausgibt, hat die Verwaltung 2007 ein externes Gutachten in Auftrag gegeben, um das Problem zu ergründen.
Das Ergebnis: Der Anstieg der Fallzahlen, der seit 2000 bundesweit zu beobachten ist, hat in Wittlich zu einer Überlastung der Mitarbeiter geführt. Wie überall fühlen sich auch im hiesigen Kreis immer mehr Eltern überfordert, sei es aufgrund einer Trennung, wegen eigener psychischer Erkrankungen oder wegen Entwicklungsstörungen ihrer Kinder. Zudem werden den Jugendämtern immer mehr Fälle gemeldet, weil die Menschen durch Medienberichte über ex treme Vernachlässigungen aufmerksamer geworden sind. Jugendliche kommen in der Hoffnung auf Hilfe auch verstärkt selbst zum Jugendamt. Die Überlastung der Jugendamt-Mitarbeiter hat in Wittlich ein Mehr an externer Unterstützung, wie sozialpädagogischen Familienhilfen oder Erziehungsbeiständen, nach sich gezogen. Willi Schüller, Teamleiter des allgemeinen sozialen Dienstes (ASD), der sich um Problemfamilien kümmert, sagt: "Die Mitarbeiter haben versucht, schnell zu reagieren. Immerhin geht es darum, Kindern, die gegebenenfalls von Gewalt oder Vernachlässigung bedroht sind, zu helfen." Die Diagnose sei nicht mehr so genau erstellt, die Ziele der Hilfen nicht genau definiert worden. Die Unterstützung sei dadurch nicht immer passgenau ausgefallen.
Seit anderthalb Jahren wird an dem Problem gearbeitet. Die 13 Stellen des ASD-Teams wurden um drei befristete Stellen aufgestockt. Die schwierigen Fälle werden nun im Team besprochen. Bestimmte Abläufe wurden fest definiert und vieles mehr. Das Gegensteuern zeigt Erfolg. Die Fallzahlen sind 2010 erstmals wieder gesunken. Im März 2009 zählte das Jugendamt noch 577 Fälle, im März 2010 482. Optimiert wird weiter, erst im Laufe des Jahres soll dieses Projekt beendet werden.EXTRA Landkreise im Vergleich: In der Liste der 24 rheinlandpfälzischen Landkreise belegen die Kreise der Region bei den Gesamtausgaben (inklusive Zuschüssen) laut Landkreistag folgende Plätze: - Platz 1: Vulkaneifelkreis (1356 Euro pro Kopf) - Platz 2: Kreis Bernkastel-Wittlich (1242 Euro) Platz 4: Eifelkreis Bitburg-Prüm (1171 Euro) - Platz 23: Kreis Trier-Saarburg (909 Euro) Bei den Kreisausgaben für die Hilfen zur Erziehung sind die Landkreise der Region folgendermaßen platziert: - Platz 1: Kreis Bernkastel-Wittlich (91 Euro pro Kopf) - Platz 2: Vulkaneifelkreis (76 Euro) - Platz 6: Eifelkreis Bitburg-Prüm (65 Euro) - Platz 14: Kreis Trier-Saarburg (50 Euro)