Holz als Schlüssel zur Vergangenheit

BETTENFELD. Sibylle Bauer lebt in Bettenfeld und Trier und bestimmt mit Hilfe von Holz das Alter von Häusern. Die Dendroarchäologin engagiert sich für den Erhalt des "alten Geraffels" in der Region.

"Das Haus würde ich auch gerne mal anbohren!" Klingt seltsam dieser Ausspruch, wird aber verständlich, wenn man weiß von wem er kommt: von der Dendroarchäologin Sibylle Bauer. Dendroarchäologen bestimmen das Alter von Häusern und anderen Bauten, indem sie das Holz der Gebäude anbohren. Die Abfolge der Jahresringe im Bohrkern wird dann mit der Ringabfolge von Holz bekannten Alters aus der gleichen Klimazone verglichen. Da die Dicke der Jahresringe im Wesentlichen vom Klima abhängt, lässt sich so auf das Alter des Holzes schließen. Und das eröffnet neue Möglichkeiten. Bauer: "In der Eifel weiß man oft nicht, wie alt die Häuser sind. Die Bauern waren arm, man weiß wenig über sie. Die Dendrochronologie kann helfen, dieses Geschichtsfeld zu erschließen." Geschichte von unten nennt die 48-Jährige dies und gibt Rätsel auf, was ihr eigenes Alter angeht. Bauer klingt oft so quirlig und fröhlich, dass man sie zumindest am Telefon jünger schätzt als sie ist. Trifft man sie persönlich, so verraten die beim Lachen deutlichen Falten im von kurzen, braunen Haaren umrahmten Gesicht, dass diese Frau bereits Zeit hatte, einiges zu erleben. Sybille Bauer ist im württembergischen Böblingen geboren und studierte in München, Kiel und Mainz Vor- und Frühgeschichte. Ihre Magisterarbeit über die Pfahlbauten am Bodensee, die sie zur Doktorarbeit ausbaute, brachte sie zur Dendroarchäologie. Zunächst baute sie für die bayerischen Behörden ein dendroarchäologisches Labor auf, 1993 dann ihr eigenes. Familiäre Gründe hatten sie an die Mosel verschlagen. Dort arbeitet und lebt sie nun mit ihrer Familie die Woche über, die Wochenenden verbringt sie in Bettenfeld. Weil ihr die Eifel so gut gefällt, hatte sie sich mit ihrem Mann auf die Suche nach einem alten Haus dort gemacht. Sie entschied sich für ein Trierer Einhaus von 1830 in Bettenfeld. Ausschlaggebend waren die Fliesen, die alten Türen und der Nussbaum im Garten. Die Dendroarchäologin eben. Als solche konnte sie auch nicht widerstehen, als ein Nachbar ihr anbot, sein leer stehendes Tagelöhnerhaus zu untersuchen.Chancen und Probleme des frühneuzeitlichen Ortskerns

Dem folgten die Häuser der Gemeinde im Ortskern und schließlich fasste Bauer ihre Ergebnisse, zu der die Beschreibung der Häuser und ihrer Entwicklung gehört, in einer Ausstellung für Bettenfeld zusammen. Die Schau war gut besucht, von 800 Bettenfeldern kamen 300 Menschen. Im Jahrbuch Bernkastel-Wittlich veröffentlichte die Wissenschaftlerin, die im Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Ortsgruppe Daun sehr aktiv ist, ebenfalls ihre Untersuchung. "Das Besondere an Bettenfeld ist der hier noch erhaltene, frühneuzeitliche Dorfkern...", heißt es im Jahrbuch. Bauer sieht sehr wohl, dass die in der Regel kleinen, eng zusammen stehenden Gebäude, die "wie zufällig hingeschmissen" wirken, heute schwierig zu nutzen sind, doch haben Untersuchung und Erhalt der alten Gemäuer für sie eine besondere Bedeutung. "Ich finde so etwas deshalb wichtig, weil man den Leuten die eigene Geschichte näher bringen kann. Man kann zeigen, dass das Dorf etwas Besonderes ist." Bauer freut sich, dass die bei den Wochenendhäuslern schon immer existierende Wertschätzung für "das alte Geraffel" auch bei den Einheimischen durch verschiedene Einflüsse wächst. Und "ein bisschen stolz" ist sie angesichts greifbarer Ergebnisse, die ihr Einsatz schon mal bringt. So blieb unter anderem aufgrund ihres Engagements der älteste Profanbau der Westeifel, das Haus Trost in Dasburg (Kreis Bitburg-Prüm), erhalten.

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