Theater Von Nachtclubs in Lautzenhausen bis Protest gegen Cattenom: 50 Jahre Hunsrück auf der Bühne

Morbach · 300 Zuschauer haben in der Morbacher Baldenauhalle beim Theaterstück „Goldene Hochzeit in Simmerstein“ Erinnerungen an ihre Jugend erlebt. Bei den 50 Jahren Hunsrück auf der Bühne ist auch die Gegenwart nicht außer Acht gelassen worden.

Goldene Hochzeit in Simmerstein: Theater in Baldenauhalle Morbach
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Morbach Simmerstein

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„Goldene Hochzeit in Simmerstein“ – in diesem Zweieinhalb-Stunden-Stück in der Morbacher Baldenauhalle bekamen rund 300 Zuschauer an zwei Abenden einen Einblick in die Geschichte des Hunsrücks. Das Kulturzentrum Belginum hat es in Kooperation mit dem Verein Kunst im Gewächshaus veranstaltet.  Dem Team um den Regisseur Hotte Schneider – der Archetyp eines Hunsrückers, aufgewachsen in Büchenbeuren – ist es gelungen, die vergangenen 50 Jahre in der Region lebendig werden zu lassen.

Da gibt es Rückblicke auf legendäre Discos wie den Scotch-Club in Büchenbeuren, der in früheren Jahren US-Soldaten genauso angelockt hat wie deutsche Besucher, das berüchtigte Lautzenhausen mit seinen Nachtclubs direkt neben dem Flugplatz Hahn, die Burg Waldeck, wo um 1968 zahlreiche Liedermachergrößen aufgetreten sind wie Hannes Wader oder Franz-Josef Degenhardt. Passend dazu sind auch die Lieder ausgesucht, die oftmals mit anderen Texten versehen waren. Da wurde Petula Clarks „Downtown“ zu „Lautze“, Chubby Checkers „Let’s twist again“ zu „Muss miste’ gehen“, und auch Songs von Ike und Tina Turner haben nicht gefehlt. Genauso wie „Heute hier, morgen dort“ von Hannes Wader, faszinierend gesungen von Lukas Linder, der bereits Auftritte in der Casting-Show „The Voice of Germany“ absolviert hat.

 Katharina Stürmer (Zweite von links) singt vor dem Ensemble des „Simmerstein“-Schauspiels in der Morbacher Baldenauhalle.

Katharina Stürmer (Zweite von links) singt vor dem Ensemble des „Simmerstein“-Schauspiels in der Morbacher Baldenauhalle.

Foto: Strouvelle Christoph

Dabei ist es dem Ensemble gelungen, in die Vorbereitungen rund um eine Goldene Hochzeit auch aktuelle Themen einfließen zu lassen. Teilweise humorig, wenn es um Patchwork-Familien geht („Ihr habt einen neuen Papa? Der ist klasse, den hatten wir auch schon“) oder um das Thema Gendern („Liebe Gäste – innen und außen“).

Manchmal wird es aber bitter­ernst, wenn aktuelle Themen angeschnitten werden. Da mutiert Edith Piafs „Non, je ne regrette rien“, gesungen von Katharina Stürmer aus Weiperath, Siegerin des Wettbewerbs „Stimme der Region“, zu einer Hymne gegen das Atomkraftwerk Catte­nom. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine, vegane Ernährung und das Abschieben von Flüchtlingen: Hotte Schneider scheut sich nicht, die Besucher auch mit unangenehmen Themen zu konfrontieren. Da wird es ergreifend, wenn die gebürtige Kenianerin Edith Joel in ihrer Rolle als Bäckerin Neema aus Somalia den deutschen Evergreen „Irgendwo auf der Welt gibt’s ein kleines bisschen Glück“ anstimmt und schließlich zwei Polizisten auftauchen, die die Asylbewerberin zur Abschiebung abholen wollen. Eine Szene, bei der es im Zuschauer­saal bedrückend still wird. Sei endet dann aber doch glücklich.

Langer Applaus belohnt das Ensemble am Ende einer Vorstellung, die bei vielen Besuchern nostalgische Gefühle und Erinnerungen hat aufkommen lassen.

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