Hunsrücker Bomben auf Bagdad

Der Ort ist eigentlich unspektakulär - ein befestigter Platz, zwei Gleise und Flutlicht. Über die Verladestelle Zolleiche mit Anschluss an die Hunsrückbahn lieferten die US-Streitkräfte Bomben aus dem Munitionsdepot Wenigerath für den Krieg von George Bush Senior in den Nahen Osten. Ein Zeitzeuge ist Erich Wagner. Der 77-Jährige war im Munitionsdepot der Amerikaner beschäftigt.

Zolleiche. Die Bahnstrecke war als Nato-Strecke ausgewiesen worden, das heißt, die Deutsche Bundesbahn durfte die Strecke nicht stilllegen und musste sie instand halten, obwohl kein Verkehr mehr stattfand. Im Januar 1988 wurde im Wald "An der Zolleiche" zwischen Hinzerath und Hochscheid eine Fläche von 2,5 Hektar entlang der Bahnstrecke gerodet und eine Schneise zur B 50/327 geschlagen. Man verlegte ein zweites Gleis im Bereich der Umschlagstelle; eine Rückhaltevorrichtung für wassergefährdende Stoffe und eine Flutlichtanlage wurden installiert. Ende Januar 1989 waren die Baumaßnahmen abgeschlossen. Die Übergabe an die US Air Force erfolgte im Februar 1989.

Die Einrichtung unterstand dem 50th Ammunitions Supply Squadron der US Air Force, das auch das US-Munitions-Depot bei Wenigerath betreute. So steht es im Internet unter www.lostplaces.de zu lesen, ein Forum der Interessengemeinschaft für historische Militärbauten. Auffallend ist dabei der Fertigstellungstermin so kurz vor Ausbruch des Irak-Kriegs.

"Damals war uns absolutes Stillschweigen verordnet worden", macht Zeitzeuge Erich Wagner klar, der im Munitionsdepot Wenigerath beschäftigt war. Den heute 77-Jährigen beschlich immer ein merkwürdiges Gefühl, wenn im Fernsehen das Kriegsgeschehen im Irak gezeigt wurde: "Sind da auch Hunsrücker Bomben dabei?"

Zivilisten durften bei der Verladung der tödlichen Fracht nicht dabei sein. "Da kamen aus anderen US-Standorten Transportkompanien. Die kümmerten sich um alles und hielten uns Zivilisten fern", weiß Wagner noch gut. Während des Irak-Krieges sei auf der Zolleiche Tag und Nacht Betrieb gewesen. Deshalb war auch die Beleuchtung von den Amerikanern installiert worden.

"Wann genau die Ladestelle eingerichtet wurde, lässt sich heute nicht mehr klären", sagt Markus Göttert vom Hunsrückbahn-Verein. Sicher sei nur eine Nutzung beim Bau der Hunsrückhöhenstraße. Ansonsten diente sie aber der Forstwirtschaft zur Verladung ihrer Holzprodukte. Auch heute liegen wieder Holzstämme an der Zolleiche. Sie werden jedoch auf LKW verladen.

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