"Ich bin ein Eisenschmittner"

EISENSCHMITT. Unerwartet großer Andrang bei der größten Clara-Viebig-Buchtheke der Welt. "Die Eifelschriftstellerin wurde mit offenen Armen in Eisenschmitt empfangen", so lautete das positive Fazit der Organisatoren.

 Große Auswahl, großer Andrang: Bei der größten Clara-Viebig-Buchtheke der Welt finden Freunde der Eifelschriftstellerin seltene Buchexemplare, beispielsweise mit einer Lithographie von Max Liebermann oder einer Zeichnung von Heinrich Zille.Foto: Gary Retterbush

Große Auswahl, großer Andrang: Bei der größten Clara-Viebig-Buchtheke der Welt finden Freunde der Eifelschriftstellerin seltene Buchexemplare, beispielsweise mit einer Lithographie von Max Liebermann oder einer Zeichnung von Heinrich Zille.Foto: Gary Retterbush

Das Clara-Viebig-Zentrum (CVZ) in Eisenschmitt hat die Herzen der Gäste und der Eisenschmittner Bürger erobert. Die erste größere Veranstaltung des vor drei Monaten eröffneten Hauses übertraf alle Erwartungen. Am Wochenende kamen mehr als 450 Besucher in das kleine Dorf an der Salm. Angekündigt war die größte Buchtheke der Welt mit Werken von Clara Viebig und Fritz von Wille. Bereits zur Eröffnung am Freitagabend entwickelte sich daraus weitaus mehr. Ortsbürgermeister Georg Fritzsche, Rainer Schmitz von der Verbandsgemeinde Manderscheid und Heinz-Dieter Polte aus Herzogenrath bei Aachen, der Präsentator der Bücher, eröffneten die nur zwei Tage dauernde Ausstellung. An einem sommerlich warmen Herbstabend im Innenhof des CVZ schaffte es Polte, durch ein kurzes "Herzlich willkommen bei der größten Buchtheke der Welt", die Eisenschmittner zum Dialog zu bewegen. "Ja, das sagen wir auch", lautete ein spontaner Zuruf aus der Gästeschar. Als dann der Trierer Linguistik-Professor Hermann Gelhaus, der sich wissenschaftlich mit Viebig beschäftigt, seinen Vortrag mit den Worten eröffnete: "Ich bin ein Eisenschmittner", wurde ihm ebenso charmant zurückgerufen: "Wir auch!". Und als er dann erneut beginnen wollte: "Ich bin ein Eisenschmittner geworden durch das oftmalige Lesen des ,Weiberdorfs' von Clara Viebig" und zum Setzen wissenschaftlich-literarischer Akzente im CVZ aufforderte , ertönte die Abendglocke der nahen Pfarrkirche. Der Redner unterbrach seine Ausführungen für die Dauer des Geläuts. "Jetzt stimmt auch die Kirche zu, dass sich die Eisenschmittner mit Viebig schmücken", sagte spontan ein Besucher. Nicht ohne Grund, denn einige Werke der Schriftstellerin standen am Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Index der verbotenen Bücher. "Was für eine Chance", erklärte Literaturprofessor Gelhaus im Hinblick auf die zumindest für zwei Tage erfolgte Zusammenführung von Viebig-Romanen und von Bildbänden mit Werken des Eifelmalers Fritz von Wille. "Danke, dass Sie die beiden Eifelkünstler zusammengebracht haben." Es gebe weitere unbekannte Seiten von Clara Viebig zu erforschen. Sie sei eine scharfe Kritikerin der Politik Kaiser Wilhelms und des Ersten Weltkriegs gewesen. Der Andrang im CVZ war am Sonntag zeitweise so groß, dass es kein Durchkommen mehr gab. Von den ausgestellten 210 Büchern konnte der Viebig-Experte Heinz-Dieter Polte die Hälfte verkaufen. Renner war - wie nicht anders zu erwarten - das "Weiberdorf", der Roman, der in Eisenschmitt in der Zeit um 1880 spielt. Ein Exemplar davon sogar mit Originallithografie von Max Liebermann. Es ging für 49 Euro über die Theke. "Viel zu billig", wie Polte schon vorher wusste. Ebenso schnell und preiswert war ein Viebig-Buch mit Zeichnungen von Heinrich Zille verkauft. Es gehe nicht ums Geldverdienen, sondern darum, die Werke von Viebig einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen, erklärte Polte, der literaturinteressierte Elektromeister. Dies ist ihm und den Eisenschmittnern an diesem Wochenende gelungen.

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