"Ich habe diesen Kampf begonnen"

Bernkastel-Wittlich · Die Schuldenlast drückt, die Schulen kosten den Kreis mehrere Millionen Euro, und der Zwang zur Fusion der Verbandsgemeinden rückt näher. Fragen, auf die der neue Landrat des Kreises Bernkastel-Wittlich Antworten finden muss, während dem Kreis weitere Ausgaben drohen.

 Pflichtlektüre für den neuen Landrat Gregor Eibes: der Haushalt 2011. TV-Foto: Klaus Kimmling

Pflichtlektüre für den neuen Landrat Gregor Eibes: der Haushalt 2011. TV-Foto: Klaus Kimmling

Bernkastel-Wittlich. Die alten Gardinen im Büro sind weg. Nicht weil ein Landrat anders als eine Landrätin nichts auf Fenstermode gibt, sondern schlichtweg, weil der Geschmack von Gregor Eibes ein anderer ist als der seiner Vorgängerin Beate Läsch-Weber. Weht jetzt ein neuer Wind in der Kreisverwaltung? TV-Reporterin Ursula Quickert hat mit dem 51-jährigen Morbacher über seine ersten 100 Tage im Kreishaus gesprochen.

Herr Eibes, wie vielen Ihrer 366 Mitarbeiter haben Sie schon die Hand geschüttelt?
Gregor Eibes: Weil ich eng mit meinen Mitarbeitern zusammenarbeite, habe ich mich gleich zu Beginn in einer Personalversammlung vorgestellt. Ich habe auch schon einige Hände geschüttelt, aber ich bin noch längst nicht am Ende meiner Kennenlerntour.

Was hat Ihnen bisher die meiste Arbeit bereitet?
Eibes: Die Einarbeitung in völlig neue und komplexe Aufgabenfelder, denen ich mich als Landrat stellen muss. Dazu zählt insbesondere der soziale Bereich, aber auch Themen wie die Schulentwicklung oder die Fleischhygiene.

Wissen Sie, wie viele Schulden der Kreis zu diesem Zeitpunkt hat?
Eibes: Ende 2010 hatte der Kreis etwa 60 Millionen Euro Schulden, dazu kommen die Liquiditätskredite. Es ist eine große Herausforderung, Dinge zu gestalten, ohne dass Geld da ist. Weniger als ein Prozent der Gesamtaufwendungen sind freiwillige Ausgaben, und auch von denen sind viele gebunden: Kreismusikschule, Tourismusorganisationen et cetera.

Andere Kommunen haben die Musikschulen privatisiert.
Eibes: Das ist richtig. Aber die Zusammenarbeit zwischen der Musikschule des Landkreises, dem Kreismusikverband und dem Sängerkreis funktioniert sehr gut, deshalb sollte man daran festhalten. Und es ist eine wichtige Säule des kulturellen Lebens im Landkreis.

Sparen müssen Sie aber.
Eibes: Ja, an allen Ecken und Enden. Das wird noch gravierender werden wegen des kommunalen Entschuldungsfonds, dem wir uns anschließen müssen.

Wo wird gespart werden?
Eibes: Wenn es an den neuen Haushalt geht, müssen wir alles noch mal auf dem Prüfstand stellen. Aber ich muss einräumen: Uns werden ja auch neue Aufgaben übertragen, die mit Kosten verbunden sind. Wenn dann noch Einnahmequellen wie die Bußgeldstelle wegfallen, fällt es immer schwerer, die Sparpotenziale zu entdecken.

Wird am Mitarbeiterstamm der Kreisverwaltung gerüttelt?
Eibes: Es wird ja automatisch am Mitarbeiterstamm gerüttelt, wenn zum Beispiel eine Bußgeldstelle wegfällt oder im Bereich des Waffenrechts neue Aufgaben hinzukommen. Derzeit haben wir den Rechnungshof im Haus. Ob der an unserer Organisationsstruktur rüttelt, wird sich auch herausstellen. Da wird es sicherlich noch die ein oder andere Veränderung geben.

Die größten Kosten bereiten ja die Bauvorhaben an Schulen.
Eibes: Ja, da hat sich ein immenser Investitionsstau aufgetürmt. Aber das sind Pflichtausgaben. Dazu kommt die Debatte über die Schulträgerschaften, die wohl so ausgehen wird, dass der Landkreis die Realschulen plus übernehmen wird, deren Träger derzeit noch die Verbandsgemeinden sind. Auch das wird zu Mehrausgaben führen.

Muss man denn an allen Schulen festhalten?
Eibes: Es ist wichtig, dass es vor Ort viele unterschiedliche Schulen gibt. Wenn wegen des demografischen Wandels und des damit verbundenen Rückgangs der Schülerzahlen Schulen nicht mehr zu halten sind, kann sich in Einzelfällen ein Zwang zur Schließung ergeben. Aber das Schulentwicklungskonzept sieht zurzeit keinen Wegfall eines Schulstandortes vor.

Sie sind ja selbst in eine Baustelle eingezogen, das Kreishaus wird saniert. Allein 100 000 Euro kostet die Erneuerung des Daches der Tiefgarage. Dort gibt es neun Parkplätze. Hätten Sie sich das nicht sparen können?
Eibes: Wir können das Haus ja nicht in sich zusammenfallen lassen. Wir mussten die Decke sanieren, da Wasser ins Gebäude eindringt. Zudem befindet sich in dem Gebäudetrakt nicht nur die Tiefgarage, sondern darüber auch das Foyer der Kreisverwaltung mit Bürgerberatung und Poststelle.

Eine große Baustelle ist auch die Kommunalreform, die Sie schon als Bürgermeister von Morbach beschäftigt hat. Es könnte sein, dass sich Thalfang in Richtung Hermeskeil (Kreis Trier-Saarburg) und Manderscheid nach Daun (Landkreis Vulkaneifel) bewegt. Wie stark kämpfen Sie für die jetzigen Grenzen des Kreises Bernkastel-Wittlich?
Eibes: Ich habe diesen Kampf begonnen, der für die Zukunft unseres Landkreises sehr wichtig ist. Das Thema Trittenheim ist leider erledigt, da haben wir schon einen Verlust hinnehmen müssen. Kreisgrenzen können nicht erst dann zum Tabu erklärt werden, wenn die Existenz eines Landkreises bedroht ist. Wir müssen dringend unseren Bestand sichern und können nicht zuschauen, wie uns die Gemeinden an den Rändern wegbrechen. Deshalb müssen wir versuchen, neue tragfähige Strukturen zu schaffen - innerhalb der Kreisgrenze.

Thalfang soll also mit Morbach fusionieren?
Eibes: Das ist sicher ein möglicher Weg. Ich sehe mich in dieser Frage als Landrat auch mit im Boot, zumindest als Moderator. Ein Vetorecht hat der Landkreis ja nicht, aber ich werde die Position des Landkreises deutlich machen. Jetzt kann der Landkreis noch aktiv agieren, später nur noch reagieren. Gregor Eibes ist am 2. Mai als Landrat des Kreises Bernkastel-Wittlich vereidigt worden. Der CDU-Kandidat hatte bei der Wahl am 27. März 59,6 Prozent der Stimmen erhalten. Zuvor war der Familienvater unter anderem persönlicher Referent seiner Vorgänger Beate Läsch-Weber und Helmut Gestrich sowie Pressesprecher der Kreisverwaltung und von 1997 an Bürgermeister der Einheitsgemeinde Morbach. uq

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