"Ich will Tier bei Frau Thieltges sein"

WITTLICH. Sie ist als Einzelkind auf einem großen Bauernhof groß geworden. Tiere haben sie ein Leben lang begleitet. Heute sind es zwei Schäferhunde. Dass ihre vierbeinigen Freunde Menschen ängstigen könnten, hat Inge Thieltges sehr erschüttert.

"Dem können Sie ins Maul rein kriechen, der ist hundertprozentig im Wesen. Da passiert nichts", sagt Inge Thieltges, der nicht nur ihre eigenen Tiere eine Herzensangelegenheit sind: mit fremden Hunden Gassi gehen, Fundtiere, ob Hund ob Katz, aufnehmen, kranke Tiere aufpäppeln, gehört zu ihrem Alltag selbstverständlich dazu.Ein Dackel käme nicht in Frage

Dennoch ist die Mutter dreier erwachsener Kinder nicht der Typ, der auf reine "Kuscheltiere" steht. Eine beachtliche Pokalparade blinkt auf dem Wohnzimmerschrank: Auszeichnungen für Wettkampferfolge, die eine gewisse Professionalität der Hundehalterin bezeugen. Dennoch fühlt sie sich derzeit nicht in der Lage, mit ihren Rüden Nico und Nathan spazieren zu gehen. "Dass Menschen Angst vor ihnen haben, hat mich so verunsichert", sagt die Frau, die früher schon mal Schäferhunde für die Polizei gezüchtet hat. Sie weiß, dass die von ihr so geschätzte Rasse allein durch den Anblick beeindruckt. "Ein Dackel beispielsweise, der käme für mich nicht in Frage, davor hat man ja keinen Respekt." Und die beiden Langhaar-Schäferhunde, Nico und Nathan mit ihrer Löwenmähne, sind ja auch als Aufpasser gedacht, denn Inge Thieltges und ihr Mann Walter haben einige 100 Meter von ihrem Wohnhaus entfernt ein Wochenendhäuschen, in das schon mehrfach eingebrochen wurde. Dort leben auch die beiden Tiere. "Die Polizei hat uns geraten, die Hunde dort als Wache laufen zu lassen." Seit Unbekannte den Zaun durchschnitten und die ausgebüxten Tiere Menschen ängstigten, bleiben die Tiere meist im weitläufigen Zwinger. Früher kamen viele Kinder und ältere Menschen an den Zaun, um die Hunde zu streicheln, nun ist das unmöglich geworden, was manche Spaziergänger bedauerten, berichtet Inge Thieltges. Walter Thieltges: "Ich will kein Risiko, keinen Streit mit Leuten und auch nicht, dass anderen Hunden was passiert. Ich verstehe vollkommen, wenn sich jemand erschreckt. Aber das sind wesensfeste Hunde. Wenn Leute Angst haben und zum Beispiel die Arme in die Luft heben, könnte das natürlich einen Hund irritieren." Für seine beiden Rüden würde er zwar so zusagen die Hand ins Feuer legen, aber dennoch habe er Verständnis, wenn sich jemand fürchte. Zwar lasse er im Außengelände, was ja auch erlaubt ist, die Tiere frei laufen, aber nur auf Wegen, wo er den Überblick habe. Sobald er aber jemand kommen sehe, packe er die Tiere sofort in den Hänger. Dieses umsichtige Verhalten würden Spaziergänger auch immer loben. "Viele sagen auch: ‚Die Hunde sehen so lieb aus. Lassen Sie sie los!' Dann ist die Welt für mich in Ordnung. Dann bin ich glücklich", ergänzt Inge Thieltges, der vom Grundsatz her die Furcht vor großen Hunden auch nicht fremd ist: "Man nimmt an, ein großer Hund kann größeren Schaden anrichten als ein kleiner Giftzwerg. Ich habe auch schon Schiss gehabt, als mir ein riesiger schwarzer Dobermann begegnet ist." Ihren Hunden vertraut sie vollkommen. "Ich weiß, es gibt Leute, die das nicht verstehen. Das sind halt keine Hundemenschen", meint Inge Thieltges und lacht über sich selbst: "Mein Tierarzt hat gesagt, wenn es eine Wiedergeburt gibt, dann will er bei mir ein Tier werden." Und wer ihre Leidenschaft nicht teilen kann, für den hat sie einen Spruch: "Dass mir der Hund das Liebste sei, sagst Du mir, Mensch, sei Sünde. Der Hund bleibt mir im Sturme treu, der Mensch nicht mal im Winde."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort