Ideenwettbewerb ausschreiben

Zur Berichterstattung über die Wittlicher Neustraße:

Stadt bedeutet mehr als Häuser, Straßen und funktionsgerechte Einrichtungen. Reduziert man eine Stadt auf ihre harten Funktionen, wird sie beliebig - wie so manche Fußgängerzone. Schießt man jedoch bei Funktionen, wie zum Beispiel den Verkaufsflächen, übers Ziel hinaus, dann können die Auswirkungen dem gesamten Image einer Stadt schaden. Das war mein Eindruck, den ich von der sterbenden Neustraße gewann.

Ich bin in der Innenstadt aufgewachsen. Die heutige Struktur der Neustraße hat mich deprimiert. Bis zu meinem Spaziergang hatte ich den Eindruck, die Wittlicher hätten alles fest im Griff. Eine hohe Arbeitsplatzdichte, eine serviceorientierte Verwaltung, ein Maßnahmenhandbuch und einen erfolgreichen Verein für Stadtmarketing.

Dann las ich jedoch die Botschaft vom ungebremsten Wachstum bei den Einzelhandelsflächen. Wo soll das hinführen? Ich las auch, dass in der Schlossgalerie 5000 Quadratmeter und im Viteliuspark 9500 Quadratmeter Verkaufsfläche neu entstehen. In den Strukturdaten fand ich den Flächenbestand von 95 000 Quadratmeter. Otto Normalverbraucher benötigt zirka 1,43 Quadratmeter pro Kopf. Unsere Kaufstadt kann also zirka 66 000 Menschen versorgen. Die Verkaufsfläche ist überproportional groß, und darunter leidet vor allem die Neustraße. Die Kernstadt ist das Herz von Wittlich. Wenn dieses Herz kränkelt, wird es kritisch.

Der Stadtrat will einen Masterplan für die Innenstadt erstellen. Ein Masterplan ist gut, wenn man ratlos ist. Man gewinnt Zeit und erzeugt den Eindruck: Wir kümmern uns. Zu meiner Wittlicher Zeit - in den 80er Jahren - war das Thema Belebung der Innenstadt schon hochaktuell. Haben die Wittlicher immer noch ein Erkenntnisproblem? Oder ein Umsetzungsproblem?

In der Burgstraße traf ich einen Einzelhändler. Er wollte die Neustraße wieder "öffnen". Seine Stimmung war nicht gut. Da scheint es Kommunikationsprobleme zu geben. Meines Erachtens sollte man nochmals auf die Suche nach neuen Ideen, Fördermitteln und Investoren gehen und die zukünftigen Funktionen der Neustraße im Dialog mit den Bürgern definieren oder sogar einen Ideenwettbewerb ausschreiben.

Gerhard Paul Nadolny,

Remscheid

STADTENTWICKLUNG

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