Identität stärken, Versorgung sichern

WITTLICH. Wie soll sich der Kreis Bernkastel-Wittlich angesichts der Prognose sinkender Bevölkerungszahlen in den kommenden Jahrzehnten entwickeln? Mit dieser Frage beschäftigten sich am Dienstagabend rund 40 Besucher beim Bürgerforum in Wittlich.

Kein Geschäft ist in der Nähe, kein Arzt und keine Apotheke - und außer dem Auto gibt es kein funktionierendes Verkehrsmittel. Der Kindergarten hat mangels Nachfrage geschlossen, und um zur Schule zu kommen, müssen die Eltern ihre Kinder weit fahren. Das ist das Szenario, das Planer und Bürger im Kreis Bernkastel-Wittlich auf jeden Fall vermeiden wollen. Im Kreishaus sammelten sie in zwei Arbeitsgruppen Ideen zur Sicherung der Grundversorgung und zur Entwicklung der Orte. Hintergrund der Arbeit sind Vorhersagen, nach denen die Bevölkerungszahl in Deutschland deutlich sinken und gleichzeitig der Anteil der Alten erheblich zunehmen wird. Es wird befürchtet, dass die Infrastruktur auf dem Land zerfällt und die Menschen in die Städte abwandern. Im Bereich Grundversorgung schien den Bürgern die Bildung und Kinderbetreuung am wichtigsten zu sein. Sie betonten die Bedeutung von Kinderbetreuungsangeboten vor Ort, von Schulen und von Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche. Die Beförderung der Kinder zur Schule müsse funktionieren, es müsse auch möglich sein, Kinder zu Ganztagsangeboten zu schicken. Zu den Organisationsstrukturen gab es konkrete Vorschläge: So regte eine Teilnehmerin an, die Verbandsgemeinden sollten die Trägerschaft der Kindertagesstätten von den Ortsgemeinden übernehmen. Dies könne organisatorische Vorteile mit sich bringen. Auch das Gesundheitswesen ist den Menschen wichtig: Ärzte, die zu ihren Patienten kommen, und Apotheken, die Medikamente nach Hause liefern, seien nötig, sagten einige Teilnehmer. Dass dies bereits vielerorts so funktioniert, berichteten andere. Auch für ältere und behinderte Menschen müsse es Betreuungs- und Hilfsangebote geben. Außerdem solle der Kreis die Altersstruktur der Ärzte im Auge behalten und darauf achten, dass frei werdende Praxen Nachfolger finden. Wichtig ist den Menschen die Anbindung an andere Orte: Der Öffentliche Personennahverkehr müsse in einem verlässlichen Zeittakt fahren, forderte ein Teilnehmer. Man solle kleine Busse einsetzen, um nicht so stark frequentierte Linien bedienen zu können. Diskussionsthema war auch die Versorgung mit Waren des täglichen Bedarfs. "Der Konkurrenzkampf der Kommunen um Großformen des Handels und um Discounter muss aufhören", forderte ein Teilnehmer. Stattdessen gelte es, noch vorhandene Geschäfte zu stärken. Außerdem sahen die Bürger die Notwendigkeit von Versorgung für Orte, in denen es keine Geschäfte mehr gibt. In diesem Zusammenhang wurden mobile Lösungen wie fahrbare Geschäfte diskutiert. Auch die Eigeninitiative in der Bevölkerung müsse gefördert werden: Eine Teilnehmerin schlug vor, das Genossenschaftswesen wiederzubeleben und verstärkt auf den Handel mit regionalen Produkten zu setzen. Der Erhalt der dörflichen Strukturen und die Verbesserung der Kontaktmöglichkeiten vor Ort waren den Teilnehmern der Gruppe, die die räumliche Entwicklung diskutierte, sehr wichtig. Es gelte, den Ortsmittelpunkt als Treffpunkt für alle Generationen zu gestalten, war eine Forderung. Des weiteren gelte es, Freiräume für Kinder zu erhalten und neu zu schaffen. Wichtig sei weiterhin, bedarfsgerecht Bauland auszuweisen. Besonders gelte es, den Zusammenhalt im Dorf zu stärken: Das Identifizierende müsse erhalten bleiben, lokale Eigenheiten wie beispielsweise der Dialekt gestärkt werden.

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