Mit Verwunderung betrachtete ich das Foto, auf dem zehn Herren, mit stolz geschwellter Brust, in die Kamera blicken — der neue Vorstand der türkisch-islamischen Union in Wittlich zusammen mit dem Bürgermeister, also die Repräsentanten einer großen Bevölkerungsgruppe in dieser Stadt. Die, die für sich in Anspruch nehmen, die Interessen der deutschen Mitbürgerinnen und Mitbürger mit türkisch-islamischem Hintergrund zu vertreten, sich um ein problemfreies Zusammenleben der beiden Gruppen bemühen — ein ehrenwertes Unterfangen. Von daher halte ich dieses Gremium für eine wichtige Einrichtung — nur, da war doch noch was, das in mir Unbehagen verursachte. Alltäglich werden wir überschüttet mit Nachrichten und Diskussionen über die Gleichstellung der Frau. Und dann das? Ein reines Männerfoto - eine reine Männergesellschaft! Sollte es in ganz Wittlich tatsächlich nicht eine Frau mit islamischem Hintergrund geben, die in der Lage ist, ein Ehrenamt in diesem Gremium auszufüllen? Dieses Bild ist in meinen Augen letztlich ein Zeichen dafür, wie sehr die angestrebte, wünschenswerte und notwendige Integration von Frauen aus dem islamischen Kulturkreis in unsere Gesellschaft mit allen ihren Werten, Rechtsordnung und Gesetzen auch nach vielen Jahren in der Praxis noch immer im Argen liegt; bestätigt dieses Bild doch Vorurteile über Diskriminierung und Benachteiligung der Frau. Schon seit vielen Jahren gibt es dieses Gremium. Ist es der Stadt Wittlich bisher nie in den Sinn gekommen, einmal zumindest nachzufragen, wenn nicht gar einzufordern, warum kein weiblicher Vertreter in diesem Gremium ist? Es wäre ein sehr starkes Zeichen dafür, dass auch in der islamisch-türkischen Gemeinde Frauen Ämter an wichtigen Stellen ausüben. Ich warte auf eine öffentliche Erwiderung, die meine Befürchtungen zerstreut , dass hier noch immer ein diskriminierendes, patriarchalisches Verhaltensmuster Alltag ist. Oder habe ich bisher einfach nicht mitbekommen, dass zu einem früheren Zeitpunkt Frauen hier vertreten waren? Volker Kirsch, Piesport