Im Gedenken an Menschen wie du und ich

Bernkastel-Kues · An einer Gedenkstunde auf dem Karlsbader Platz anlässlich der Reichspogromnacht haben 60 Menschen teilgenommen. Die Feier stand in diesem Jahr unter dem Motto: "Sie waren Menschen wie du und ich. Jugendliche beteiligten sich mit eigenen Beiträgen.

 Vor einem Davidstern gedenken Bürger der ermordeten Juden. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Vor einem Davidstern gedenken Bürger der ermordeten Juden. TV-Foto: Christoph Strouvelle

Bernkastel-Kues. Anlässlich der Reichspogromnacht am 9. November 1938 versammelten sich auf dem Karlsbader Platz in Bernkastel-Kues 60 Personen. Sie gedachten der ermordeten Juden im Dritten Reich. Organisiert wurde die Gedenkstunde, die zum vierten Mal stattfand und in diesem Jahr unter dem Motto "Sie waren Menschen wie du und ich" stand, vom Bündnis für Menschlichkeit und Zivilcourage und von dem katholischen Frauenverein Kues. Yaghoub Khoschlessan vom Bündnis erinnerte in seiner Ansprache an die Repressalien, die die Juden nach 1933 erdulden mussten. Die Palette der Einschränkungen reichte von Berufsverboten für Wissenschaftler, Ärzte, Lehrer und Anwälte über Besuchsverboten von Theatern über Beleidigungen bis hin zu Aufrufen, bei Juden nicht einzukaufen, und weiteren Erniedrigungen. Dabei gab es vorher kaum wesentliche Differenzen zwischen Juden und Christen, sagte Khoschlessan. "Es gab sogar Mischehen zwischen Juden und Christen, mehr, als zwischen Katholiken und Protestanten.". Er wies darauf hin, dass die Juden integriert waren und sowohl an der Mosel als auch im Hunsrück das heimische Platt sprachen. Khoschlessan forderte zum Dialog auf: "Wenn wir nicht miteinander reden, wissen wir nichts voneinander."
Ruth Maria Kohl vom katholischen Frauenverein Kues ging auf die Juden ein, die einst in Bernkastel gelebt hatten. "Im Jahre 1933 gab es in Bernkastel-Kues eine Gemeinde von 59 Mitgliedern, heute gibt es keine Gemeinde mehr", sagte sie. Nur wenige Kontakte beständen noch zu ehemaligen jüdischen Familien aus Bernkastel-Kues. "Ein Stück Stadtgeschichte ist brutal abgebrochen", sagte sie. Kohl griff das Schicksal einzelner Personen und Familien auf, die während der Nazizeit aus Deutschland ausgewandert oder geflohen waren. Alle seien Menschen wie du und ich, denn "im Grunde sind wir alle gleich und erstreben alle dasselbe, ein gutes Leben in Frieden mit Freunden und Familie", zitierte Kohl einen Brief einer Holocaustüberlebenden aus Kues, die jetzt in den USA lebt.
Andere Redner gingen auf weitere Details der Judenverfolgung im Dritten Reich ein. "Ich freue mich, dass auch einige Jugendliche sich mit Beiträgen an der Gedenkfeier beteiligten", sagte Khoschlessan. Die Beiträge wurden eingerahmt von jüdisch-liturgischen Liedern, die einst am Sabbat gespielt wurden. cst

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