Im harten Kampf für den Frieden, das Leben und die Freiheit

Zwischen Tradition und Aufbruch haben sich Hunsrückerinnen behaupten müssen, denen das Frauenforum Rhein-Hunsrück ein Buch gewidmet hat. Es spannt einen Bogen, der von der Keltenzeit bis in die Gegenwart und wartet mit herausragenden Persönlichkeiten auf.

Simmern. (urs) Wer es zur Hand genommen hat, legt es nur ungern beiseite, das jüngste Werk des Frauenforums Simmern. Die Biografien der Persönlichkeiten, deren Leben das Buch "Zwischen Tradition und Aufbruch" würdigt, sind einfach zu faszinierend. Denn die Frauen verbindet eines: Sie haben oft im Stillen gewirkt und zu ihrer Zeit Erstaunliches bewirkt. Allen voran Gräfin Loretta von Sponheim, die dem mächtigen Kurfürsten Balduin die Stirn bot. In die Geschichtsbücher sind aber nur wenige von ihnen eingegangen.

Unendliche Liebe und ein eiserner Wille



Mut hat Margarete Schneider bewiesen. Die Ehefrau des 1939 von den Nationalsozialisten getöteten Paul Schneider, des "Predigers von Buchenwald". Ungeachtet aller Gefahren unterstützte sie ihn, obschon sie ihn lieber gebeten hätte zu schweigen. Denn ansonsten wäre er "nicht mehr der gewesen, den ich liebte, der geradlinige, sondern ein gebrochener Mann", zitiert Autorin Ulrike Müller. Schneider war wegen seiner öffentlichen Kritik an einer Rede von SA-Stabschef Ernst Röhm 1934 nach Dickenschied strafversetzt worden. 1934 erstmals inhaftiert, wurde er 1937 nach Buchenwald deportiert. Die beiden hatten sechs Kinder. Margarethe engagierten sich in der Friedensbewegung der 1980er Jahre und starb 2002 im Alter von 98 Jahren.

Auch die Biografie der Hebamme Eleonore Röbber, geborene Maul, verfasst von Eva Karrenbrock, hebt sich ab. 1792 in Rhaunen geboren, profitierte die einer Chirurgen- und Geburtshelfer-Familie entstammende Frau von den Neuerungen, die Franzosen und Preußen einführten. So zählte sie 1809 zu den ersten Schülerinnen der neuen Trierer Hebammenschule und war bereits 1814 Oberhebamme. Drei Jahre später heiratete sie den Wundarzt Johann Röbber, arbeitete aber parallel zur Geburt ihrer acht Kinder weiter. Die Familie lebte mit Schwangeren und Wöchnerinnen im Echternacher Hof (Vereinigte Hospizien), der auch ledige bezahlende Gebärende aus gutem Haus beherbergte. Nach dem Tod ihres Mannes ernährte Eleonore die Familie alleine. Als sie 1859 in Ruhestand ging, war noch keine Lösung für die hohe Kindbettsterblichkeit gefunden. Doch Häuser wie das in Trier bereiteten den Weg für heutige Standards.

Das Leben als Witwe und die gleichgeschlechtliche Liebe



Ein völlig anderes Schicksal war Charlotte Ströher beschieden, Witwe des Malers Friedrich Karl Ströher. Die Berlinerin und der Hunsrücker heirateten 1922 und zogen in Ströhers Heimatdorf Irmenach. Die Rotkreuzschwester, ausgebildet in Kranken- und Säuglingspflege sowie als Hebamme, war damals 27 Jahre, der Maler, Bildhauer und Holzschneider, war 46. Charlotte richtete sich in dem neuen Haus ein, und versorgte Kaninchen, Ziegen, Hühner und Bienen. Nach einem Jahr wurde Sohn Peter geboren, zweieinhalb Jahre später starb Ströher an einem Herzleiden. Charlotte widmete sich fortan der Bewahrung seines Nachlasses. Während des Nationalsozialismus konnte sie aber kaum ausstellen, was der großflächigen Verbreitung der Werke hinderlich war, wie Autorin Elke Heinemann berichtet.



Gänzlich anderen Regeln folgte das Leben der Schriftstellerin Nanny Lambrecht. Hinein geboren in eine Zeit, in der "das Weib" das Leben des Mannes zu leben hatte, schaffte sie es, von ihrer Schriftstellerei zu leben. Allerdings ernährte sie davon weder Kind noch Mann, sondern ihre Lebensgefährtin, mit der sie ab ihrem 34. Lebensjahr zusammenlebte. Das Anliegen der 1868 geborenen Kirchbergerin war, "der Gesellschaft einen Anstoß zu geben, die Geschlechterrollen neu zu überdenken", schreibt Christina Niem in ihrer Biografie. Heftige Reaktionen löste ihr Roman "Armsünderin" aus - die Geschichte eines unverheirateten schwangeren Mädchens auf dem Lande. Die katholische Schriftstellerin blieb fortan ausgeschlossen von diesem Markt, war aber weiterhin erfolgreich.Extra Sechs Herausgeberinnen sowie 25 Autoren zeichnen für das Buch "Zwischen Tradition und Aufbruch" - Frauen-Geschichte der Hunsrück-Region verantwortlich. Herausgeberinnen sind Siegrid Braun, Renate Fink, Monika Haager, Christel Kewes, Friederike Mauerhof und Karin Ochel-Spies - das "Projektteam Frauenforum", ein vor 20 Jahren begründeter Zusammenschluss. Zu den Autorinnen zählt auch Rosemarie Cordie, Leiterin des Archäologieparks Belginum in Wederath. Vertrieb: Pandion Verlag, Simmern, sowie Archäologiepark Belginum. Das Buch kostet 18 Euro. (urs)

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