Geschichte Showdown auf den Graacher Schanzen

Bernkastel-Kues/Traben-Trarbach. · Im Mai 1912 wurde an der Mittelmosel ein militärisches Geländespiel mit mehreren hundert Teilnehmern veranstaltet. Das große Spektakel lockte zahlreiche Zuschauer an.

 Rund um die Graacher Schanzen fand im Mai 1912 ein inszeniertes Kriegsschauspiel statt.

Rund um die Graacher Schanzen fand im Mai 1912 ein inszeniertes Kriegsschauspiel statt.

Foto: TV/Markus Philipps

Vor dem Ersten Weltkrieg herrschte im damaligen Deutschen Reich allgemeine Bewunderung für das Soldatentum und Militär. Darüber hinaus galten die erfolgreichen Teilnehmer des gewonnenen deutsch-französischen Krieges von 1870/71 als Helden. Vor diesem Hintergrund wurden vielerorts im Land manöverähnliche Geländespiele veranstaltet. Die meist aufwändig inszenierten Kampfhandlungen dienten insbesondere dazu, Erwachsene und Jugendliche für den Krieg zu begeistern.

Ein derartiges Kriegsspiel ereignete sich am Himmelfahrtstag des Jahres 1912 erstmals auch an der Mittelmosel. Die patriotische Großveranstaltung begann am Morgen des 16. Mai gegen 11 Uhr. Als Grundlage des Spiels diente eine angenommene Kriegslage, die sich wie folgt darstellte: „Eine „blaue“ Armee war nach verlustreichen Gefechten an der Saar geschlagen und in eiligem Rückzuge nach dem Rhein begriffen. Eine „rote“ Armee hatte die Verfolgung der ersteren aufgenommen. Das Gros der blauen Armee hat die Mosel unter Benutzung der Brücken bei Bernkastel und Traben-Trarbach überschritten. Kavallerie-Patrouillen haben am 16. Mai früh gemeldet, dass Truppen der blauen Nachhut sich auf dem rechten Moselufer festgesetzt haben und die Höhen zwischen Bernkastel und Traben-Trarbach besetzt halten.

Aufgabe der roten Armee war jetzt, diese Stellung des Feindes (Blaue Armee) auszukundschaften und ihn daraus zu vertreiben. Die rote Armee teilte sich zu diesem Zwecke in drei Abteilungen, und zwar in eine Ost-Abteilung auf der Straße Irmenach-Traben-Trarbach, eine Süd-Abteilung auf den Longcamper Höhen (Sammelpunkt in Longcamp, heute Longkamp) und in eine Südwest-Abteilung, welche ihren Sammelpunkt in Mülheim hatte. Diese drei Abteilungen bewegten sich gleichzeitig in der Richtung auf die ihnen durch vorgeschickte Patrouillen gemeldeten feindlichen Stellungen bei den alten und bei den eigentlichen Graacher Schanzen zu. Dort sollte gegen Nachmittag ein großer Sturmangriff erfolgen.

Die Bernkasteler Zeitung vom 19. Mai 1912 berichtete über das außergewöhnliche Ereignis: Das Kriegsspiel auf den Graacher Schanzen (…) gestaltete sich zu einem Schauspiel von ganz eigenartigem Reiz. Trotz des regendränenden Wetters hatte sich eine Unmenge von Menschen eingefunden, welche den einzelnen Phasen des Spieles mit Spannung folgten. (...). Das Kriegsspiel selbst, das erste seiner Art hier und in der näheren Umgebung, war von der Oberleitung großzügig angelegt und zur Durchführung gebracht worden. (…) Der Anblick musste jedes Soldatenherz erfreuen; viele Hunderte Turner des Mittelmosel-Saargaues beteiligten sich an diesem kriegsmäßig durchgeführten Vormarsche und gelangten fast zu gleicher Zeit aus den erwähnten drei Richtungen vor die von dem Feinde besetzte Stellung. Diese Szene bot den Zuschauern das Interessanteste und Schönste des ganzen Kriegsspieles.“

Nach dem inszenierten Manöver erfolgte eine Bewertung durch den Traben-Trarbacher Postdirektor Diers (Oberleutnant der Reserve). An dem historischen Event beteiligten sich ferner: der Gauvertreter des Mittelmosel-Saargaus, Herrn Meißner aus Trier, der Zeller Landrat Dr. von Stein, der Trarbacher Musikverein sowie die Gesangsriege der Trabener Turngesellschaft.

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