Im Namen des Kurfürsten: Große Pläne und Widerstand

Wittlich · Ein Parkplatz bewegt die Stadtpolitik. Er liegt an der Kurfürstenstraße, er hat, was man Entwicklungspotenzial nennt, und er gehört der Stadt. Die hat ringsum ihren Besitz an Investoren verkauft. Die haben Schlossgalerie und Fürstenhof gebaut. Dazwischen will die Stadt ihr Rathaus setzen. Die Pläne liegen auf Eis. Dafür erhitzte ein Verkehrsversuch auf dem Gelände die Gemüter der Bürger. Kein anderes Grundstück der Stadt sorgte in diesem Jahr für mehr Gesprächsstoff.

Wittlich. Ist ja interessant: "40 Prozent der Autofahrer scheinen für die Rallye Dakar zu trainieren." "Wenn das so weitergeht, machen wir eine Sitzblockade, damit kein Auto mehr durchkommt." "Reisebüros bieten schon Busfahrten nach Wittlich an, um dieses Weltwunder zu besichtigen." Weltwunder, Rallye und Revoluzzer in Wittlich? Die Rede ist vom Parkplatz Oberstadt. Der war ein zentraler Baustein des städtischen Verkehrsversuchs, bei dem die Kurfürstenstraße gesperrt wurde.
Kein Spatenstich


Ein Thema, das die Gemüter erregte und einen unvorhersehbaren Fokus auf das Grundstück mit seinen rund 300 Parkplätzen legte. Dabei sollte eigentlich ein sogenannter Meilenstein dort längst erste Akzente gesetzt haben: der Rathausneubau nebst Tiefgarage. Dafür sind auf dem Platz im Februar mit dem Abriss der Alten Malschule erste Tatsachen geschaffen worden. Kostenpunkt: 43 000 Euro. Tatsache ist auch, seit März steht fest: Der Landesrechnungshof in Speyer interessiert sich für das 12,6-Millionen-Euro-Projekt der Wittlicher. Seither prüft er, seither ist unklar, wie lange. Und seither gibt es keinen Spatenstich.
Aber dafür gab es die Möglichkeit, ab den Herbstferien den Platz als Umleitungsstrecke für den Verkehrsversuch auszuprobieren. Und erzeugten die Rathauspläne erste Widerstände beim Rechnungshof, erzeugte der Verkehrstest Widerstände der Bürger. Die gingen so weit, dass sie zum Teil fuhren, wie sie wollten, was gefährlich erschien. Die Folge: Die Polizei schaltete sich ein. Deren neue Chefin führte ein Gespräch mit dem Bürgermeister. Das Ergebnis: Der Versuch wurde frühzeitig abgebrochen.
Außerdem hatte ein Bürger das Verwaltungsgericht eingeschaltet. Das schrieb, als der Versuch schon abgebrochen war: "Die Norm gestattet es somit nicht, nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum im Sinne einer freien, voraussetzungslos anwendbaren Experimentierklausel verkehrsregelnde Maßnahmen zur Probe zu treffen." Nach Ansicht des Gerichts hätte sich die dem Versuch zugrunde liegende Allgemeinverfügung des Ordnungsamts als rechtswidrig erwiesen. Das war Ende November.
Seither ist Ruhe eingekehrt. Bis auf die Tage, an denen das Wetter unfreundlich ist. Dann gibt es alltäglichen Ärger: über den Zustand des Schotterplatzes, auf dem sich bei Regen Pfützen bilden. Das kann vermutlich erst dann geändert werden, wenn das neue Rathaus mit Tiefgarage steht. So ist bislang die offizielle Ansage. "Ein früherer Ausbau macht keinen Sinn, weil der gesamte Baustellenverkehr über diesen Parkplatz abgewickelt werden muss", sagte zu dem Dauerproblem schon vor einem Jahr Ulrich Jacoby, Pressesprecher der Stadtverwaltung auf TV-Nachfrage.
Aktuell bestätigt seine Kollegin Simone Röhr: "Ja, es bleibt dabei. Außer Unterhaltungsmaßnahmen wird es hier keine baulichen Veränderungen geben."
Hinzu kommt, dass immer noch eine neue Verkehrsführung in diesem Bereich zur Debatte steht. Wie sie aussieht, weiß keiner.
Womöglich gibt es dazu Aussagen in der versprochenen Einwohnerversammlung im neuen Jahr. Einen Termin hat die Verwaltung noch nicht festgelegt. Dann gibt es vielleicht auch Neues vom Rechnungshof. Dessen Pressesprecher Arno Strunk schweigt bislang zu Details: "Öffentliche Stellungnahmen erfolgen seitens des Rechnungshofs bis zum vollständigen Abschluss einer Prüfung, deren Ergebnisse der Öffentlichkeit gegebenenfalls im Rahmen des Jahresberichts vorgestellt werden, grundsätzlich nicht."
Der nächste Jahresbericht - sollte Wittlich darin vorkommen - wird für März 2012 angekündigt. Dann könnte der Platz an der Kurfürstenstraße wieder zum Wittlicher Grundstück werden, das für Gesprächsstoff sorgt.

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