Im Vollrausch zugestochen

Wittlich/Daun · Das Amtsgericht Wittlich hat einen Mann aus dem Landkreis Vulkaneifel wegen Vollrauschs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der 30-Jährige soll unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen einem Mann ein Messer in die Brust gestochen haben. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Wittlich/Daun. Niemals habe er gewollt, dass dieser Tag im Januar so ein Ende finde, sagt der Angeklagte unter Tränen. Während des Verhandlungstages am Amtsgericht Wittlich hat er wenig Regung gezeigt - doch als der Richter nach etwa sieben Stunden die Beweisaufnahme schließt, fängt er an zu schluchzen.
Die Vorwürfe wiegen schwer: Vorsätzlich soll der mehrfach vorbestrafte Angeklagte sich in Rausch versetzt haben - mithilfe von Kräutermischungen und Alkohol: Er hatte mehr als 3,25 Promille. Mit einem Messer soll er einem Mann in die Brust gestochen und ihm dabei eine Rippe durchtrennt haben.
Der Angeklagte war mit seiner Frau und drei Bekannten in seiner Wohnung - ein Umstand, der dem Gericht auch verschiedene Versionen des Vorgangs beschert. Die Stimmung in der geselligen Runde soll plötzlich gekippt sein. Der Angeklagte gibt zu, in die Küche gegangen zu sein und zwei Messer geholt zu haben - angeblich, weil er gesehen hatte, dass der Geschädigte selbst mit einem Messer hantierte und plötzlich Panik bekam. An das, was danach passiert ist, könne er sich nicht mehr richtig erinnern. Das Opfer - das zum Zeitpunkt des Vorfalls gerade Ausgang aus der JVA hatte - sagt aus, er habe ihm eins der Messer noch aus der Hand schlagen können, doch mit dem anderen habe der Angeklagte ihn erwischt. Die Ehefrau des Angeklagten will später beobachtet haben, wie das mutmaßliche Opfer auf ihren Mann eingeschlagen hat. Doch sie verschweigt dem Gericht zunächst auch das Alkoholproblem ihres Mannes: Er wurde im vergangenen Jahr mit 4,0 Promille ins Krankenhaus eingeliefert - sie hatte selbst den Notarzt gerufen. Auch sagen Polizisten aus, dass die Wohnung vor ihrem Eintreffen offenbar sauber gemacht worden sei: "Da war kein Blut." Das hatte die 26-Jährige damit erklärt, dass sie hochschwanger gewesen sei und zwei Kinder im Haus gehabt habe.
Staatsanwalt Christian Hartwig hält die behauptete Amnesie des Angeklagten für zweifelhaft und fordert eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Dem schließt sich das Opfer, das auch als Nebenkläger auftritt, an. Das Verteidigertrio stellt keine Anträge: Für Bernd Hoffmann liegt statt einer gefährlichen eine fahrlässige Körperverletzung vor mit einem entsprechend milderen Strafmaß. Mit fast vier Promille mit einem Messer zu hantieren, sei fahrlässig, erklärt auch sein Kollege Michael Angele. "Wir haben verschiedene Varianten, wie diese paar Sekunden abgelaufen sein könnten. Es spricht vieles dafür, dass es zu einem Gerangel kam."
Das Gericht geht von einer gefährlichen Körperverletzung aus und verurteilt den Mann wegen Vollrauschs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten (siehe Extra). "Es war Glück, dass nicht mehr passiert ist", sagt Richter Stefan Ehses.Extra

Wegen Vollrauschs nach Paragraf 323a des Strafgesetzbuchs wird bestraft, wer sich vorsätzlich oder fahrlässig durch Alkohol oder andere Mittel in einen Rausch versetzt, in diesem Zustand eine rechtswidrige Tat begeht und ihretwegen aufgrund von Schuldunfähigkeit nicht bestraft werden kann. Unter Strafe gestellt ist nach dieser Vorschrift nicht direkt das Verhalten des Schuldunfähigen, sprich die Rauschtat, sondern das Verhalten, das zur Schuldunfähigkeit geführt hat, also das Sich-Berauschen. Es ist dabei unerheblich, ob der Rausch durch Alkohol oder andere berauschende Mittel herbeigeführt wird. Als Strafmaß ist eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe vorgesehen, die Strafe darf aber nicht höher sein als die Rauschtat. neb

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