In der Liebe gibt es keine Furcht

Heute Morgen unterhalte ich mich mit einer Mutter über die Sorge, ja Verzweiflung wegen ihres Kindes und der seit langem zerbrochenen und inzwischen geschiedenen Ehe. Abends höre ich am Telefon die Begeisterung meines Sohnes über seine bevorstehende Hochzeit.

Wie fühle ich mich dabei? Teile ich seine Freude? Lasse ich mich von ihrer Enttäuschung beeindrucken? Mein Gefühl drängt mich vorbehaltlos zur gemeinsamen Freude mit dem jungen Paar. Habe ich jenseits des Gefühls Gründe dafür? Schließlich zeigt die Statistik, dass immer weniger junge Menschen heiraten, noch weniger kirchlich, und dass die Wahrscheinlichkeit, dass eine Ehe hält, kaum noch mehr als fifty-fifty ausmacht. Ich weiß das, weiß, dass es keine Sicherheit gibt, aber dieses Wissen verunsichert mich nicht. Denn ich glaube, dass es immer und ewig junge Leute geben muss und geben wird, die die Chancen nutzen, die uns als Menschen gegeben sind. Und welche größere Möglichkeit könnte es geben als die, bewusst und freiwillig über sein ganzes künftiges Leben zu bestimmen - eine fast schon übermenschliche, ja beinahe göttliche Fähigkeit. Das gehört wohl dazu, wenn die Bibel davon spricht, der Mensch sei als Ebenbild Gottes geschaffen worden. Zugleich geht es um die Entscheidung, für einen anderen Menschen bedingungslos da zu sein - auch dies eine Eigenschaft Gottes, ja sein eigentliches Wesen. Deshalb wird Gott die Menschen, die eine solche Entscheidung treffen, nicht sich selbst überlassen - so hoffen die Christen - sondern er wird mit ihnen leben, mit ihnen lieben, unter Umständen auch mit ihnen leiden. Und das unabhängig davon, ob sie selbst das wissen und glauben oder nicht. Und er wird auch die nicht links liegen lassen, die alles wagen und dabei scheitern. Ich setze auf die Chancen, die diese Perspektive eröffnet. Es sind Chancen, keine Sicherheit, denn wir sind und bleiben Menschen. Aber: "In der Liebe gibt es keine Furcht."(Erster Johannesbrief). Deshalb freue ich mich von Herzen und wünsche diese Freude allen Ehepaaren. Dr. Karl-Heinz Musseleck

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